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Aussepolitik

Frank Bertemes: Boris und kein Ende? 

Frank Bertemes: Boris und kein Ende?

„Das Versagen einer Elite beginnt damit, dass sich die Falschen dafür halten.“

Hans-Jürgen Quadbeck-Seeger

Deutscher Chemiker, Erfinder, Manager und Aphoristiker

                                            

Niemand steht über dem Gesetz. Das gilt scheinbar ebenfalls in Großbritannien und das in besonderem Kontext. Auch wenn man sich bei der wahrlich spektakulären Personalie Boris Johnson – das ob seiner heuer hochaktuell auch rechtlich offiziell diskutierten „Lockdown-Partys“ – auf dem europäischen Festland durchaus diesbezügliche Fragen stellen kann. Wird dem wirklich und realpolitisch so sein? Und wenn, was passiert dann mit diesem ewigen Stehaufmännchen, der wohl ohne politische Bühne kaum (über)leben kann? Ein Mann, der die Blender-Show mit diskutablem Wahrheitsverständnis braucht wie kaum ein anderer Politiker? Und der so ziemlich alles repräsentiert, was man in völlig unglaubwürdige Politiker hineininterpretieren kann…Ein Scharlatan, der (noch!) in der Downing Street residiert und Feste feiert, ein paar Meilen westlich von einer anderen heuer hoch diskutierten, ebenso prominenten Persönlichkeit wohnend , deren Reputation schon länger futsch ist und die darüber hinaus  in persönlicher Tragik kürzlich von der eigenen Mutter, der Königin höchstpersönlich, zum „private citizen“ degradiert wurde, demnach zum ordinären Bürger, wobei das Wort „ordinär“ deutlich und in zweifacher Bedeutung zu lesen und zu betonen ist. Ein Mann, ein zum normalen Bürger entwürdigter nun Ex – Prinz, der den britischen Boulevard-Journalismus seit Jahren bestens füttert und der mit Boris J. in ebendiesem britischen Boulevard ein Traum-Duo bildet: Andrew und Boris. Man muss sich nicht unbedingt wundern, dass diese beiden Herren trotz des Ernstes ihrer jeweiligen Situation den für die Briten zu Recht gerühmten Humor zusätzlich befeuern und schärfen…Doch mit ebendiesem Humor könnten wir Europäer vom Festland trotzdem ein Verständnis – Problem haben – “But how can you understand a country without knowing what makes it laugh?“

 

Doch nun mal im Ernst. Bemühen wir dazu einen anderen, in absolut seriösem Kontext weltweit bekannten Landsmann Johnsons, der im vorletzten Jahr, genau am 12. Dezember 2020, leider verstorbene Starschriftsteller David Cornwell, weltbekannt unter dem Pseudonym John le Carré, der im Oktober 2021 90 Jahre alt geworden wäre und der rund 27 Romane geschrieben hat. David Cornwell hatte Germanistik studiert und als Deutschlehrer gearbeitet. Während seiner Zeit beim britischen Geheimdienst hatte er unter seinem Pseudonym John le Carré begonnen, Agentenromane zu schreiben. Für den MI6 ging er 1960 zuerst an die britische Botschaft in Bonn, danach ans Konsulat in Hamburg. In Deutschland schrieb er seinen ersten Bestseller: “Der Spion, der aus der Kälte kam“, eine Geschichte von Täuschung und Gegentäuschung, um einen Doppelagenten bei der Stasi vor der Enttarnung zu schützen. Am Ende bleiben ein britischer Spion und seine kommunistische Freundin tot an der Berliner Mauer zurück. Die renommierte Wochenzeitung DIE ZEIT schrieb einmal über Le Carré’s  literarische Spionagethriller, diese seien so etwas wie in die Sphäre der Außenpolitik versetze Krimis. In einem Interview sagte er über seine Zeit als Spion, er habe durchaus nostalgische Gefühle für seine Zeit beim britischen Geheimdienst, für die Loyalitäten, die Kameradschaft unter den Agenten, für das Gefühl, Mitglied in einem außerordentlich exklusiven Klub zu sein und besser als jeder Zeitungsleser zu wissen, was wirklich vor sich geht. Damals war es noch die Aufgabe des Service, Politikern unangenehme Wahrheiten zu sagen, die sie nicht hören wollten. Er glaubte auch, dass die Spionage für ihn der Ersatz für eine unglückliche Kindheit war. Das alles habe er allerdings bereits im Alter von 31 Jahren hinter sich gelassen.

 

Interessant sind seine Äußerungen über sein Heimatland, die durchaus in direktem Zusammenhang mit der auch für ihn unerträglichen Person und Eliteschülers Boris Johnson zu lesen sind. Deutlich im Kontext Brexit auch seine Feststellung dass (Zitat) „ wir Briten nichts von Europa verstehen.“. Neun von zehn Briten würden, so Cornwell weiter, heute glauben, dass ihr Land die beiden Weltkriege im Alleingang gewonnen hätte. Sie würden nichts vom Schicksal der Polen kennen, nichts von den Opfern, die Russland gebracht hat, wissen.

image credits: Libération

Ein wahrlich trauriges Bild eines Landes, das sich über allen anderen stehend einschätzt. Im Grunde fanden die Briten die Idee Europa niemals attraktiv oder überzeugend und sie hätten, so der Schriftsteller, auch nie begriffen, dass sie trotzdem Teil Europas sind. Warum? Dazu Cornwell in einem früheren SPIEGEL Kultur – Interview: „Ich habe Anfang der Fünfzigerjahre als Deutschlehrer an der Privatschule in Eton gearbeitet. Meine Klasse bestand aus 20 oder 30 Boris Johnsons: Sie hatten Charme und Witz, sie waren schlagfertig, einigermaßen gebildet und durchaus informiert. Und sie waren vor allem eines: absolut unmoralisch. Sie sahen sich als Teil einer Elite, die davon überzeugt ist, dass sie zu Recht das Sagen hat. In Wahrheit sind es zweitklassige Leute mit einem kolonialistischen Weltbild, die davon träumen, die Polen und die Bulgaren und am besten alle Ausländer rauszuschmeißen, um das alte Großbritannien und dessen Arbeiterklasse wieder zu restaurieren. Das ist zutiefst rassistisch und chauvinistisch. Und jetzt singen alle das Lied der Brexiteers: Uns kann keiner. Mir zerreißt es das Herz. “

 

“Raus aus Europa”, meinte für viele sozial schwache Briten – deren es durchaus viele in diesem Paradebeispiel neoliberaler Irrungen und Wirrungen gibt – vor allem eines: „ Ausländer raus.“ Es mag demnach durchaus legitime Gründe für die Unzufriedenheit geben, aber am Ende hätte das, so Cornwell, mit Europa nichts zu tun. Ein weiteres Problem sah der Schriftsteller übrigens in den teuren britischen Privatschulen, in ihrem Selbstverständnis seit Jahrzehnten, und es besteht immer weiter. 8 Prozent der Briten gehen auf eine Privatschule, aber in der Verwaltung des Landes stellen sie 60 Prozent. „Die Internate sind der Fluch Großbritanniens, dort werden diese Boris Johnsons produziert, die unser Land ruinieren.  Menschen ohne Beziehung zu ihren Eltern, Menschen, die schon als Kind emotional tiefgefroren wurden und diese Kälte dann auf ein ganzes Land übertragen. Absolutely kaputt, dieses System.“, so Cornwell drastisch.

 

Egal wie: Ist Johnson ein Einzelfall? Wenn auch ein besonderer, das muss man schon zugeben. Boris und kein Ende? Und generell betrachtet, wo liegt das eigentliche Persönlichkeits- Problem vieler Politiker?… und das sicherlich nicht nur in Großbritannien und dessen Eliten:

 

„Die bescheidenen Menschen wären die berufenen Politiker, wenn sie nicht so bescheiden wären.“  So jedenfalls die treffende Feststellung eines Aphoristikers.

 

Mehr Bescheidenheit, mehr Demut, mehr Grundverständnis für die Sorgen des Wahlvolkes würde diesen Damen und Herren in der Tat sehr viel nützen…Wissend:

 

Bescheidenheit ist eine Eigenschaft, für die der Mensch bewundert wird, falls die Leute je von ihm hören sollten.“ (Edgar Watson Howe)

 

Und das gilt eben besonders für die Politikerkaste…

 

Nicht wahr?

 

Frank Bertemes

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2 Comments

  1. Jean

    Intererssanter artikel.
    Was mich heute an den eton jungs wie bojo wundert ist mit welcher aeusserlichen gelassenheit diese ex colonial masters sich nun als blosse gefolgsleute des neuen meisters USA benehmen.
    Dies begann allerdings schon mit dem wohl am meist ueberschaetzten politiker des 20.jahrhunderts winston churchill,der sein land unter zugegeben schwierigen umstaenden vom number one zur number 2 in der angelsaechsischen welt machte.
    Heute sind leute wie blair und bojo bloss noch papageien ihres jeweiligen meisters im weissen haus.

  2. Phil

    Zitat: “Heute sind leute wie blair und bojo bloss noch papageien ihres jeweiligen meisters im weissen haus.”

    Dazu gesellen sich Herren- und Damenschaften wie Olaf Scholz, Jean Asselborn, Annalena Baerbock, Ursula von der Leyen und vor allem Jens Stoltenberg, welcher demnächst den Nato Generalsekretärsposten frei macht und den Vorsitz der norwegischen Zentralbank übernimmt.

    Augsburger Puppenkiste!

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