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Neiduerfer Leit wieren sech géint e verréckte Projet vun enger deierer Vëlosbréck 

Neiduerfer Leit wieren sech géint e verréckte Projet vun enger deierer Vëlosbréck

Luxembourg, 24.11.2021

OFFENER BRIEF

Sehr geehrte Gemeinderäte der Stadt Luxembourg,

Es ist inzwischen bekannt geworden, dass der Schöffenrat am kommenden 06. Dezember in der Gemeinderatssitzung eine neue Projekt-Variante zum äußerst fragwürdigen Bau einer grandiosen Fußgänger- und Radbrücke von Cents über Neudorf in Richtung Weimershof zur Abstimmung bringen lassen will. Die Projektvariante wird scheinbar APD genannt, über den Inhalt dieser Ausarbeitung und die Formulierung der Abstimmung ist bisher nichts bekannt.

Das avant projet sommaire (APS) ist seit seiner Veröffentlichung am 04. März 2021 in der Kritik, dazu gibt es z.B. Medienberichte und Leserbriefe. Ihnen allen, werte Schöffen und Gemeinderäte, ist ein am 06. Juni datierter offener Brief mit Unterschriften von 86 Anrainern der drei betroffenen Wohnviertel zugestellt worden, auf dessen Beantwortung seitens der Stadt wir alle bis heute warten!

Deshalb stellen wir hiermit die folgenden Forderungen an Sie:

  1. Offenlegung jeglicher neuen Projektvariante vor jeglicher nächsten Abstimmung im Gemeinderat;
  2. Bürgerbeteiligung durch Diskussion mit Syndikaten und Anwohnern;
  3. Erstellung einer „zweiten Meinung“ in Form einer unabhängigen Gegenanalyse der neuen Projektvariante durch eine ausländische Expertenfirma;
  4. Verlegung jeglicher Abstimmung zu diesem Projekt bis zum Abschluss der Arbeiten entsprechend der Forderungen Nr. 1-3.

Warum dieser Forderungen? Weil wir uns gezwungen sehen, die Kritikpunkte zum APS wie folgt zu wiederholen:

Umweltzerstörung offenbar: Massive Brückenköpfe aus Betonblöcken von 2900 und 4400 Tonnen  beiderseits des Tals in natürlich gewachsenen Grünzonen; mindestens 60 ausgewachsene Bäume dürften der Abholzung unterliegen, mehr als 15000 Kubikmeter natürlicher Boden wird abgetragen, um einer ebenso großen Aufschüttung durch Schotter und Kies, vermutlich mit einem Gesamtgewicht von mehr als 25000 Tonnen, zu weichen; Beeinträchtigung von Wasserbalance, Baum- und Pflanzenwuchs, der Fauna (Wildtiere, Singvögel, darunter Fledermäuse und der europaweit geschützte Uhu) – also Zerstörung der Biotope und der Stabilität natürlicher Hänge im Herzen der Stadt.

Klimaschutz, falsch verstanden: Allein bei der Herstellung des Zements für den Beton und des Rohstahls für die Stahlelemente der Brücke dürften etwa 3000 Tonnen CO2 freigesetzt werden. Um später diese Menge CO2 nicht zu emittieren (und damit dieses für die Brücke eingesetzte Baumaterial klimaneutral zu machen), müssten z.B. 300 Bewohner von Cents über fast 30 Jahre lang täglich nicht mit dem Auto nach Kirchberg zur Arbeit fahren dürfen. Wohlgemerkt ist hier nur die Primärproduktion zweier Baumaterialien angerechnet; die Weiterverarbeitung sowie Baustellenbetrieb und -transporte sind definitiv zusätzlich klimabelastend.

Lage und Mobilität – schlecht gewählt: Der im APS festgehaltene Standort der Brücke ist in allen drei betroffenen Vierteln gleichermaßen weit entfernt von den funktionell zentralen Punkten der Stadtteile, genauso gilt das für Kirchberg. Wir bezweifeln, dass sich der individuelle, motorisierte Berufspendler-Verkehr durch dieses Fahrrad- und Fußgängerangebot auch nur geringfügig reduzieren wird. Unseres Wissens hat dazu auch nie eine Studie des reellen Nutzungspotentials des Bauwerks stattgefunden.

Sicherheit und Gesundheit der Anwohner – ignoriert: Sicherheitsprobleme durch weggeworfene Gegenstände mit dem Risiko von Sachbeschädigungen, Personenschäden sowie von Haus- und Waldbränden; Gesundheitsrisiken für die Anwohner bereits während der Bauphase: der Baustellenverkehr wird unmittelbar durch die Wohngebiete geleitet, die Boulevards Simonis und Salentiny, rue des Muguets, rue des Bleuets sowie die rue de Neudorf sind besonders betroffen; allein für Transporte von Erdabtrag, Aufschüttung und Beton ergeben sich mehr über 500 LKW-Passagen im Neudorf, über 700 durch Weimershof und weit über 2500 solcher Passagen auf Cents. Mindestens 30 Monaten Baustellenaktivitäten mit allem Schmutz und Staub, Dieselabgasen, Baustellen- und Verkehrslärm werden die Menschen einer nie dagewesenen Langzeitbelastung unterziehen.

Soziale Kriterien- uninteressant: im Neudorf die Zerstörung des mit 500 m2 Fläche zurzeit einzigen nennenswerten Kinderspielplatzes auf 3 Kilometern Ortslängeer soll durch eine neue, ungesicherte Spielecke von 140 m2 unter Brücke und Aufzugsturm ersetzt werden, die dann aber auch erst zum Abschluss der Bauarbeiten zur Verfügung stehen kann. Auf Cents werden die Pétanque-Piste und die Kleingarten-Anlage für die gesamte Bauzeit entfallen bzw. nur stark eingeschränkt nutzbar sein. Der Wanderweg auf Centser Seite, der sich vom Kéibierg bis hinter Carmel zieht, wird ebenfalls für immer zerstört.

Folgt der letzte und vermutlich wichtigste Kritikpunkt zum APS:

Technische Machbarkeit und Stabilität des Bauwerkes: Die Beton-Lagerblöcke der Brücke und die notwendigen Aufschüttungen bringen auf Weimershof mehr als 7000 Tonnen zusätzliche Last auf die Hangkante, auf Centser Seite sogar mehr als 21000 Tonnen. Das soll knapp oberhalb der mittleren Talhänge erfolgen, die wegen der weichen Fels- und Bodenbeschaffenheit während der letzten PAG/PAP-Anpassung als geologische Risikozonen eingestuft worden waren, d.h. von Bebauung auszuschließen wären! Die Details einer zwischen Dezember 2020 und März 2021 angeblich erfolgten Bodenstabilitätsanalyse lässt die Stadtverwaltung nicht öffentlich einsehen. Für die zentrale Stütze der Brücke hat man den Hof der ehemaligen Spielschule im Neudorf vorgesehen – einen Platz, der vor allem dafür bekannt ist, dass die Bodenbeschaffenheit dort sehr inhomogen ist. Dazu kommt ein unterirdisch nach wie vor aktiver Bach und ein bekanntes zusätzliches Risiko durch Sturzwasser von der Weimershofer Seite in Starkregensituationen. Eben an jener Stelle kam es 2016 zu den größten technischen Schwierigkeiten bei der Realisierung der neuen Abwasserkollektoren, mindestens zusätzliche zwei Jahre Verzögerung kamen zur insgesamt 15-jährigen Bauzeit (Initialplanung: 6 Jahre) dazu. Diese Störung stellt auch einen wesentlichen Teil der Budgeterhöhungen von anfänglich 11,5 Millionen auf bis April 2020 fast 28 Millionen Euro dar. Angesichts dieser und ähnlicher Probleme beim Bau des Pfaffenthaler Lifts (7 Jahre statt 2, dazu mindesten 40% Budget-Überschreitung – übrigens ebenfalls ein Projekt der Firma STEINMETZDEMEYER, so wie das hier diskutierte) wird die Planungskompetenz und technische Machbarkeit stark angezweifelt.

Zu den bisher dargelegten Aspekten, die vor allem statischer Natur sind, kommt noch die Überlegung der dynamischen Lasten auf dieses durch seine schiere Größe risikoreiche Bauwerk: 200 Meter Länge auf 50 Meter Höhe, sogenannte „filigrane“ Ausführung, angeblich tragbar mit einer einzigen „Leichtbau“-Stütze über die ganze Länge. Die lateralen Belastungen werden enorm sein, das Bauwerk wird durch Wind, Wetter und Betrieb praktisch ständig in Bewegung sein, wobei die zu erwarteten Schwingungen des Geh- und Fahrweges vornehmlich Höhenangst und Übelkeit erzeugen werden. Auch diesbezüglich fehlt eine Nutzungspotential-Studie. Das APS diskutiert solche Dinge überhaupt nicht!

Wie eingangs erwähnt war diese Kritik oder Teile davon Gegenstand von wenigen Presseartikeln, mehreren Leserbriefen, und – vor allem – eines offenen Briefes, vom 06.06.2021 an den Gemeinderat und das Umweltministerium. Der Gemeinde Luxemburg wurde derselbe Brief mit der Unterschriftenliste am 16. September als „Rappel“ nochmals übergeben. Wir haben 27 Gemeinderäte in diesem Stadtparlament, von denen sich lediglich einer (!) zurückgemeldet hat.

Basierend auf den Angaben zu Budget und Zeitplan, ebenfalls öffentlich durch das APS, müssen wir davon ausgehen, dass im letzten halben Jahr – in völliger Intransparenz und unter Ignoranz der Signale aus der Bevölkerung – an der Entwicklung des Projekts weitergearbeitet wurde. Das Ergebnis, angeblich APD (?) genannt, wie immer es aussehen möge, soll wohl jetzt zu einer Abstimmung im Gemeinderat gebracht werden – offenbar um eine neue „Faktenlage“ zu schaffen?

 

Sehr geehrte Gemeinderäte, bitte nehmen Sie deshalb nochmals unsere Forderungen zur Kenntnis:

  1. Offenlegung jeglicher neuen Projektvariante vor jeglicher nächsten Abstimmung im Gemeinderat;
  2. Bürgerbeteiligung durch Diskussion mit Syndikaten und Anwohnern;
  3. Erstellung einer „zweiten Meinung“ in Form einer unabhängigen Gegenanalyse der neuen Projektvariante;
  4. Verlegung jeglicher Abstimmung zu diesem Projekt bis zum Abschluss der Arbeiten entsprechend der Forderungen Nr. 1-3.

 

Wir danken für Ihre Aufmerksamkeit und sehen Ihren Stellungnahmen mit Interesse entgegen.

Mit freundlichen Grüßen

 

 

Steffen Köhler & Tatiana Köhler-Popova

164, rue de Neudorf

L-2222 Luxembourg

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