Eine steuerfinanzierte Einheitsrente wollen wir nicht. Es muss grundsätzlich bei der beitragsbezogenen Rente bleiben. (Gerhard Schröder)
…und eine private Aktienrente wollen wir erst recht nicht!
Auch wenn der deutsche Altkanzler im an dieser Stelle veröffentlichten „Basta“ – Beitrag zur aktuellen Rentendebatte aufgrund seiner „Basta-Entscheidung“ zur Riester-Rente sich einer starken gewerkschaftlichen Kritik aussetzte, so soll dieses einführende Zitat jedoch durchaus positiv hervorgehoben werden – auch wenn dabei das einschränkende Adjektiv „grundsätzlich“ noch zu streichen wäre. Denn genau diesen terminologischen Zusatz in Schröders Zitat gilt es eben nicht in die Kerndebatte um die zukünftige Finanzierung der Renten einfließen zu lassen – Stichwort: die zweite und dritte Säule der Altersvorsorge, meint die Betriebsrenten und die private Altersversicherung, die die erste Säule „stärken“ …oder gar, nach Gusto der Neo-Liberalen – tatsächlich ganz „ersetzen“ sollen?
Heuer geht es bekanntlich um die europaweit und eben auch in unserem Lande geführte, hochaktuelle Debatte um die zukünftige Alterssicherungspolitik. Wie im eingangs genannten Beitrag zu diesem Thema bereits erwähnt, soll diese Altersvorsorge in Deutschland einen weiteren Schritt in Richtung noch mehr Markt im Staat im Sinne der diesbezüglich vorgegebenen neoliberalen EU – Marschrichtung gehen. Aktuelles Stichwort: Generationenkapital. Ein moderner Terminus, der in Deutschland den Systemwechsel hin zu einer finanzmarktabhängigen Rente bezeichnen soll – und wohl auch wird? Wissend, dass unser neuer Staatsminister sich zu ebendiesem Thema – und man muss zugeben, dass die Fragestellung an sich sicherlich nicht falsch ist – laut eigenen Aussagen an diesbezüglichen Entwicklungen im Ausland orientieren will. Man veranstaltet unter der von Frieden genau zu diesem Zweck ernannten neuen Sozialministerin eine fundamentale Rentenreform, die der Staatsminister übrigens ausdrücklich ohne eine persönliche Richtungsvorgabe äußern zu wollen, möglichst „unaufgeregt“ zu führen gedenkt. Da werfen sich natürlich unweigerlich entsprechende Fragen auf: Soll dieses neue System etwa auch bei uns im Lande das Ziel der zukünftigen Altersversicherung sein, das sich diese wirtschaftsfreundliche Regierung in punkto Reform der Alterssicherungssysteme gesetzt hat? Und auch noch Teil der Neu- Orientierung einer (vermeintlich) „nachhaltigen“ Sozialpolitik sein?
Wie genau man dieses Modell „Generationenkapital“ (der deutliche Name ist wohl Programm) – übrigens ein Steckenpferd der FDP Deutschlands – nun aber an den Start bringen will, ist noch nicht bekannt. Egal wie steht fest, dass es die Fortsetzung der unseligen Geschichte kapitalgestützter Altersversorgung in Deutschland sein wird. Und diese hat die materielle Situation älterer Menschen nicht verbessert, ganz im Gegenteil: Altersarmut, Altersdiskriminierung – Tendenz: steigend – und das nicht nur in der Bundesrepublik. Die sozialen Probleme im Alter werden ob weiterer Senkung des Niveaus der Alterssicherung sicherlich zunehmen, die entsprechenden Statistiken sind heute schon klar. Auch wenn, wie bereits im letzten Beitrag erwähnt, die EU nur begrenzte Rechte für einen Eingriff in die nationale Alterssicherung hat und deren Ausgestaltung im Endeffekt immer noch der jeweiligen nationalen Souveränität der respektiven Mitgliedsstaaten unterliegt, so ist der EU-Einfluss auch hierzulande klar erkennbar, geht es doch um die Themen Anhebung der Altersgrenzen, Ausdehnung der Alterserwerbstätigkeit, besonders jedoch um die Förderung der zweiten und dritten Säule der Altersvorsorge, meint der betrieblichen Altersvorsorge und (eben!) der privaten Rentenversicherung. Ist damit das Ende unseres aktuellen gesetzlichen Rentensystems, das auf dem Modell des solidarischen Generationenvertrags basiert, definitiv eingeläutet? Gilt auch hier nur mehr das Diktat des Kapitals?
Manche Projekte – wie eben dieses – sind doch eigentlich so unsinnig, dass sie (bildlich gesprochen) sofort depressiv machen: Dazu gehört die neo-liberal angestrebte „Aktienrente“, das Lieblingsprojekt des heftig umstrittenen deutschen FDP-Finanzministers, der bekanntlich sehr offensichtlich im Interesse der „Reichen und Schönen“ politisch operiert und ebendieses Modell des „Generationenkapitals“ aufbauen will. Lindner will die gesetzliche Rente durch einen staatlichen Aktienfonds ergänzen. Zeitungsberichten zufolge steht im deutschen Koalitionsvertrag, dass jährlich 10 Milliarden Euro in diesen Fonds fließen sollen; es könnten aber auch 12 Milliarden sein, wenn es nach Lindner geht. Der Plan hat allerdings gleich mehrere Schwächen. Erstens: Wenn der Staat in die Aktienmärkte drängt, werden die Papiere automatisch teurer. Davon profitieren die Reichen, die diese Aktien besitzen. Es ist also ein Subventionsprogramm für Wohlhabende, was auch erklärt, warum sich die FDP – die Reichenpartei – so vehement für diesen Plan einsetzt.
Zweitens: Die Rentner hingegen profitieren fast gar nicht von diesem Aktienfonds. Denn das Geld soll ja in die Aktien fließen, nicht in die Renten. An die Rentenempfänger würden nur die Gewinne des Fonds ausgeschüttet, was ein mickriger Prozentsatz der Gesamtsumme wäre. Zudem wäre, drittens – und da liegt das evidente Risiko dieser Chose – gar nicht sicher, dass es überhaupt Renditen gibt! Denn Lindner stellt sich einen Kreisverkehr des Geldes vor. Der Aktienfonds soll durch Kredite finanziert werden – und zunächst wären die Zinsen für diese Darlehen zu bezahlen, bevor überhaupt Gewinne für die Rentner übrigblieben. Viertes Problem, so ein kritischer Insider-Bericht zum Reizthema „Generationenkapital“, ein Terminus, der vielleicht schön klingen mag: Die Finanzmärkte sind bekanntlich sehr volatil, und gelegentlich kommt es zu (fatalen) Crashs. Dann wäre vom Fonds kaum noch etwas übrig. Lindner stellt sich in seiner „Weitsicht“ daher vor, dass der Staat „eventuelle Verluste“ ausgleicht.
Wenn aber der Staat sowieso im Zweifel einspringen muss, kann man auch gleich bei der gesetzlichen Rente bleiben. Und da kommen wir wieder auf Gerhard Schröders einführendes Zitat zurück…Eine reine Aktienrente einzuführen ist daher absoluter Unsinn und untauglich, weil ein derartiges System zu viele Risiken beinhaltet und zudem das Rentenniveau (die Relation unserer Renten gegenüber den durchschnittlichen Gehaltsentwicklungen) dramatisch negativ beeinflussen kann – und der Staat im Endeffekt doch wieder rettend eingreifen muss, was als Endresultat des „Kasinokapitalismus“ an sich bekanntlich nichts Neues ist …
Eine Klarstellung noch: Man spricht vom allgemeinen System für die Arbeitnehmer mit Privatstatut und von den statutarischen Systemen für die Beamten und Angestellten des öffentlichen Dienstes, der Gemeinden und der Nationalen Eisenbahngesellschaft (CFL). Die an dieser Stelle bereits veröffentlichten Artikel zum Rentensystem beziehen sich auf das allgemeine Rentensystems des Privatsektors (régime général de l’assurance pension). Es gehört allerdings zur Solidarität aller Versicherten und somit auch den pensionierten Versicherten des öffentlichen Sektors, den sogenannten Spezialregime (régimes spéciaux), sich für den Erhalt unseres generellen, öffentlichen Rentensystems einzusetzen.
Wissend, dass nichts in Stein gemeißelt ist und alles, demnach auch der Erhalt der bestehenden Rentensysteme mit allen Rechten für uns Versicherte, die es demnach abzusichern gilt, gewerkschaftlich erkämpft werden muss. In dem Sinne sind die diesjährigen Sozialwahlen, auf die die Gewerkschaften eindringlich hinweisen, auch im Kontext der allgemeinen Altersversicherung von höchster Wichtigkeit.
Denn die Rente muss nicht nur sicher sein, sondern auch in ihrem Nettobetrag Garant einer anständigen, würdevollen Altersversorgung sein!
Aktuell Info op n-tv zum Thema: “Die staatlich geförderte private Altersvorsorge von Riester- oder Rürup-Rente wurden 2002 beziehungsweise 2005 aus der Taufe gehoben, um die von der damaligen rot-grünen Bundesregierung beschlossene Senkung des gesetzlichen Rentenniveaus zu kompensieren. Doch die staatlich geförderten Vorsorgeprodukte stoßen auf so einige Vorbehalte. Kritiker sahen und sehen darin eher eine Subventionierung der Banken- und Versicherungswirtschaft und eine De-facto-Rentenkürzung durch die Politik.”