„Wir schätzen die Menschen, die frisch und offen ihre Meinung sagen – vorausgesetzt, sie meinen dasselbe wie wir.“ (Mark Twain)
Die Meinungsfreiheit, meint das Recht auf freie Rede, freie Äußerung und öffentliche Verbreitung einer Meinung in Wort, Schrift und Bild. So funktioniert im Prinzip die heuer (zu Recht!) intensiv verteidigte liberale Demokratie. Doch es gibt (siehe dazu ein rezentes Wort-Editorial) in der Tat ein deutliches b-Moll: eine hierzulande verhinderte, absolut objektive und transparente Aufarbeitung der Corona – Pandemie. Auch wenn dieses für die politische Klasse mehr als unangenehme Reizthema wohl absichtlich zum Non-Topic geworden ist, so haben die bestbekannten Richtlinien der sozialen Distanzierung, Ausgangssperren, obligatorischen Quarantänen und „Schutzmasken“, neben der ominösen Impfdebatte, ihre tiefen gesellschaftlichen Spuren, ja Konsequenzen, hinterlassen, Stichwort: Spaltung der Gesellschaft oder auch: die Pandemie der Spaltung.
In einem bemerkenswerten SPIEGEL-Essay schrieb der Philosoph Michel Friedman, in seinem Beitrag den preisgekrönten Autor Byung-Chul Han, der als einer der bedeutendsten zeitgenössischen Philosophen gilt, aus dessen Buch „Der Geist der Hoffnung“ zitierend, folgenden Satz: „Problematisch ist nicht die Angst vor der Pandemie, sondern die Pandemie der Angst.“ Und in der Tat sind auch die Demokratien, wenn die Angst die Menschen besetzt, Bestandteil eines unter diesen Umständen dann kontrollierten Systems (Stichwort: Orwells bestbekannter und höchst aktueller Roman 1984) – und das war eben während der (vermeintlichen) Pandemie garantiert. Dann nämlich reagieren die meisten Menschen mit Anpassung – muss man sagen panischer Unterwerfung? – viele redeten gar von „Solidarität“. Friedman präzisiert, dass das 21te Jahrhundert ein solches Zeitalter der Angst ist, Zitat: „Multikrisen führen zu einer additionalen Wucht von Angstschüben. Wer Angst hat, das irrationale Urgefühl des Menschen, denkt nicht mehr. Er bewegt sich auf einer tiefen, basalen Ebene.“
Wir erinnern uns: Isolation, besondere Arbeitsbedingungen und Ungewissheit haben während der Corona-Pandemie zu vielfältigen Belastungen geführt, so Sozialwissenschaftler in noch zahmer Formulierung. Eine Spaltung der Gesellschaft mit leider nachhaltiger Wirkung, zerbrochenen Freundschaften und Beziehungen, familiären Spannungen, sozialer Isolation usw. in schärferer Tonart gelesen – die Politik will nichts (mehr) davon hören. Ist das etwa „Demokratie“ im unerwünschten Neusprech nach George Orwells dystopischem Roman 1984? Eine weitere (gewollte?) Konsequenz: die beschleunigte technologische Kommunikation. So wuchs beispielsweise die durch künstliche Intelligenz (KI) vermittelte „Kommunikation“ mit ihren gefährlichen Nebenwirkungen diverser Natur in einem beispiellosen Tempo. Doch es kann noch weiter gehen. So wird nämlich befürchtet, dass die Meinungsfreiheit durch die geplanten, neuen Internationalen Gesundheitsvorschriften (IGV) – weiteres Stichwort: WHO – Pandemieverträge – beeinträchtigt werden könnte, in der gesamten EU die Meinungsfreiheit nämlich dann enden kann, wenn der WHO-Generalsekretär eine „pandemische Notlage“ ausrufen würde. So befürchten kritische Stimmen eine Bedrohung für die Meinungsfreiheit dadurch, dass dieser Raum der Willkür in Verbindung mit Artikel 36 des alle Mitgliedsstaaten entsprechend verpflichtenden Digital Services Act (DSA) der EU Tor und Tür öffnen könnte. Dort steht, dass im Fall einer Krise, die EU-Kommission den großen Online-Plattformen und Suchmaschinen rigide Maßnahmen gegen nicht genehme Äußerungen praktisch vorschreiben kann. Wenn die WHO eine pandemische Notlage ausruft, kann die EU-Kommission eine Gesundheitskrise feststellen – mit allen einschränkenden Maßnahmen, die uns zum Teil durchaus bekannt sind…
Wie reagiert nun unsere Politik, unsere Demokratie, die auch hier ihre Stärke zeigen müsste?
Und, abschließend noch einmal Michel Friedman bemühend: „Die Demokratie ist zwingend darauf angewiesen, dass Menschen Demokraten sind, was nichts anderes heißt, als dass sie diese Haltungen verinnerlicht haben und nach außen vertreten. Von ihnen gibt es viel zu wenige, die Gleichgültigen werden immer mehr. Doch die Menschen sind der Sauerstoff der Demokratie (…) Zur Demokratie gehört, dass Freiheit mit Leben gefüllt wird. Dass man gelernt hat, die Freiheit zu haben, sich anzupassen, aber auch die Freiheit, es nicht zu tun.“
O ja: die Pandemie war wohl in diesem Kontext ein Paradebeispiel…