Ein Bürgermeister feiert sich selbst – und lässt andere zahlen.
Im Luxemburger Wort ( 11/12 Oktober ) ließ sich Useldingens Bürgermeister Pollo Bodem jüngst als Mann der Tat porträtieren – als unermüdlicher Lokalpolitiker, der seit einem halben Jahrhundert für seine Gemeinde kämpft. Ein schönes Bild. Nur leider ein falsches.
Denn während Bodem in der Zeitung Bürgernähe und Tatkraft predigt, treibt er vor Ort ein Projekt voran, das weder bürgernah noch verantwortungsbewusst ist: ein synthetisches Fußballfeld mitten im Hochwassergebiet – mitten im Dorf, dort, wo die Atert regelmäßig über die Ufer tritt.
Ein Kunstrasenfeld im Überschwemmungsgebiet – ökologischer Wahnsinn mit Ansage.
Es ist ein Projekt, das alles vereint, was moderne Politik nicht sein sollte: teuer, ökologisch verheerend und demokratisch fragwürdig.
Das geplante Spielfeld liegt in einer Zone, die laut Geoportail regelmäßig überflutet wird. Die Administration de l’Environnement hat in einem rezenten Schreiben bestätigt, was längst bekannt ist: Kunstrasenflächen setzen Mikroplastik und Schwermetalle frei, verschmutzen Grundwasser und gefährden Flüsse.
Dass diese Fläche laut Wasserrecht gar nicht bebaut werden dürfte, scheint die Gemeinde wenig zu kümmern. Im Gegenteil – man will sie aufschütten, um fast einen Meter erhöhen und so ein künstliches Plateau schaffen. Ein Damm aus Steinen, Plastik und Drainage – mitten zwischen Wohnhäusern. Das steigert die Überflutungsgefahr für die Nachbarn. Man weiß, dass es schadet – und macht es trotzdem.

Prestige statt Vernunft
Warum also dieser Standort? Warum ausgerechnet hier, im Herzen eines Dorfes, das bei starkem Regen regelmäßig unter Wasser steht?
Die Antwort ist so einfach wie ernüchternd: Prestige. Das neue Fußballfeld soll ein Symbol sein – für Fortschritt, Modernität, Sportförderung. In Wahrheit ist es ein Denkmal. Ein Denkmal für einen Bürgermeister, der sich am Ende seiner Amtszeit selbst ein Geschenk macht. Denn was hier entsteht, ist kein Sportplatz für Kinder. Es ist ein Monument aus Kunststoff und Selbstinszenierung.
Kritik unerwünscht, Presse-PR erwünscht
Die Anwohner, deren Häuser direkt an das geplante Feld grenzen, warnen seit Monaten vor den Folgen: Mikroplastik im Boden, Lärm, Hitze, Parkplatzprobleme, erhöhte Flutgefahr.

Doch statt zuzuhören, reagiert die Gemeindespitze mit Arroganz. Kritische Fragen werden abgewiegelt, Einwände kleingeredet.„D’Atert kënnt schnell an, geet erem schnell“, soll der Bürgermeister auf Sorgen der Anwohner wegen der Hochwassergefahr geantwortet haben.
Währenddessen wird im Luxemburger Wort ein Hochglanzporträt veröffentlicht – als wäre alles eitel Sonnenschein. Kein Wort über die ökologische Kritik, kein Wort über die wütenden Anwohner, kein Wort über die rechtlichen Grauzonen. So funktioniert PR. Nicht Politik.
Anmerkung: Im Original-Artikel brachten wir an dieser Stelle per Screenshot die ganze Reportage aus der Luxemburger Wort-Print Version damit der Leser sich besser seine eigene Meinung machen konnte. Damit jedoch sind die Berufskollegen nicht einverstanden; wir bekamen Post: Wir freuen uns sehr über dein Interesse an den Artikeln im Luxemburger Wort. Leider ist es jedoch nicht angebracht, dass Du die zwei Zeitungsseiten auf Deiner Internet-Seite veröffentlichst. Einerseits hindert uns dies daran, unseren Auftrag zur Finanzierung von Qualitätsjournalismus zu erfüllen. Andererseits ist die Veröffentlichung unserer Zeitungsseite sogar verboten. Ich verweise auf Artikel 7 unserer Nutzungsbedingungen. Wir haben uns besagten Artikel 7 angeschaut und teilen diese Darstellung der journalistischen Arbeit überhaupt nicht. Wir werden bei Gelegenheit darauf zurückkommen. Jedoch sind wir in aller Kollegialität dazu bereit, den Wort-Artikel zu verlinken, um so dem LW zu einer grösseren Leserschaft zu verhelfen.
Nachhaltigkeit als Feigenblatt
Useldingen rühmt sich, eine „nachhaltige Gemeinde“ zu sein. Doch wer Nachhaltigkeit predigt und Plastikrasen pflanzt, hat den Begriff nicht verstanden.
Messungen zeigen: Kunstrasenplätze können sich im Sommer auf bis zu 68 Grad Celsius aufheizen – ein künstlicher Hitzespeicher mitten im Wohngebiet.

Dazu kommt die massive Bodenversiegelung, die das natürliche Abfließen von Regenwasser behindert – ausgerechnet in einer Zone, die regelmäßig überflutet wird. Das Projekt steht somit im direkten Widerspruch zu allem, was das Pacte Climat und nationale Umweltziele fordern.
Gesetze biegen, Bürger verlieren
Auch juristisch ist das Projekt brisant. Laut der “Loi relative à l’eau” sind Eingriffe in Überschwemmungsgebiete verboten, wenn sie den natürlichen Wasserabfluss beeinträchtigen. Genau das aber tut der geplante Platz. Dass die Gemeinde dennoch weitermacht, zeigt, wie selektiv man Gesetze auslegt, wenn politisches Prestige auf dem Spiel steht.Währenddessen fühlen sich die betroffenen Bürger allein gelassen. Sie sammeln Beweise, konsultieren Anwälte, verfassen Stellungnahmen – und werden ignoriert.
Bürgermeister zwischen Selbstbild und Realität
Bodem inszeniert sich als erfahrener Macher, der weiß, was gut für seine Gemeinde ist. Doch was er tatsächlich zeigt, ist politische Sturheit und Selbstüberschätzung.
Er führt ein Projekt durch, das die Umwelt gefährdet, das Gesetz dehnt und das Vertrauen der Bürger verspielt. Die Diskrepanz zwischen Selbstbild und Realität könnte größer kaum sein: Ein Bürgermeister, der von Verantwortung spricht – und gleichzeitig Verantwortung verweigert.
Fazit: Useldingen verdient Ehrlichkeit bevor das Kind im Brunnen liegt
Useldingen ist ein schöner Ort, geprägt von Gemeinschaft und Geschichte. Es verdient Politiker, die zuhören, nicht solche, die sich selbst feiern.

Es verdient nachhaltige Entwicklung, keine symbolische Machtdemonstration auf Kunstrasen.Was derzeit in Useldingen geschieht, ist exemplarisch für eine Art Lokalpolitik, die sich hinter wohlklingenden Begriffen versteckt: Nachhaltigkeit, Engagement, Dorfzusammenhalt. In Wahrheit geht es um Kontrolle, Image und Wählerstimmen. Doch eines ist auch klar: die Bürger werden sich an Taten erinnern, nicht an Interviews.