“Ich kenne hundert Möglichkeiten, den russischen Bären aus seiner Höhle zu ziehen, aber keine, um ihn zurückzuziehen.“
Otto von Bismarck
Es geht um viel in der Ukraine. Ein Land, dessen unabhängige Existenz an sich jedoch für gewisse Interessen eher unwichtig ist. Denn es geht einzig und allein um die Interessen der USA. Bismarck wusste schon zu seiner Zeit genau, wovon er sprach – wissen die USA es heute auch? Oder riskiert man – sprich wir als EU- Wahlvolk – tatsächlich einen dritten Weltkrieg aus purer US-amerikanischer Gier erleben zu müssen?
Es sind weltbekannte US-Amerikaner, die schon vor Jahren warnten – allerdings nicht vor den Russen, sondern vor den USA selbst! Der Politologe George Friedman sagte bereits im Jahre 2015, dass es seit langem traditionelle amerikanische Außenpolitik wäre, ein Zusammenwachsen der Beziehungen Deutschlands und Russlands zu verhindern. Deutschland habe die Technologien und Finanzen, Russland die Ressourcen. Somit sehen die USA in dieser Zusammenarbeit die einzige für sie bedrohliche Macht, die es demnach mit allen Mitteln zu verhindern gilt. Nach George Friedman galt schon während der beiden Weltkriege und des Kalten Krieges das Hauptinteresse der USA, das Zusammenwachsen der Potentiale Russlands und Deutschlands zu verhindern.
Ferner stellte Paul Christy, Professor an der Columbia Universität, unmissverständlich klar, worum es den USA im Kontext der Ukraine geht. Denn, so der Experte, ob die Ukraine eine Einheit auf der Weltkarte bleibt oder zerfällt, spiele überhaupt keine Rolle. Die Hauptaufgabe der Ukraine sei, Europa und Russland so zu spalten, dass die Europäer den Handel mit Russland aufgeben und ihre Wirtschaft vollständig auf die USA ausrichten. Und was dabei in der Ukraine passiert, interessiere niemanden. Klare Worte, die so einiges aussagen…
Egal wie man es auch sehen mag, als Europäer müssen wir uns die Frage stellen, ob wir aus purer US-amerikanischer Gier tatsächlich einen dritten Weltkrieg zulassen dürfen.
Der russische Bär ist jedenfalls – und auch das ist seit Jahren von den USA vorbereitet – rasend vor Wut aus seiner Höhle gezogen worden….Wie soll der Westen ihn nun dorthin zum Rückzug bewegen?
Dass Deutschland mit Olaf Scholz neben der EU dabei eine wichtige Rolle zu spielen hat, dürfte wohl klar sein…
Frank Bertemes
Dozou vläicht nach een intressanten Artikel aus der ZEIT vun där leschter Woch:
Politik · Tina Hildebrandt, Jörg Lau, Anna Sauerbrey, Michael Thumann, Heinrich Wefing
Der blinde Fleck
Die diplomatische Stimmung zwischen Deutschland und der Ukraine ist gereizt. Die Gründe reichen in die Zeit weit vor dem Beginn des russischen Angriffskrieges zurück
Seit dem 24. Februar, seit der russischen Invasion in der Ukraine, lautet die Devise im politischen Berlin: Über die Ukraine sagen wir öffentlich nur Gutes. Das Land wurde überfallen, kämpft um seine Existenz, braucht die Unterstützung des Westens. Da verbietet sich jede Kritik, selbst wenn Kiew gelegentlich ruppig auftritt. Wenn der Bundespräsident ausgeladen wird, wenn der ukrainische Botschafter in Berlin viele nervt mit seinen Auftritten, dann heißt es nur schmallippig, der Vertreter eines angegriffenen Landes habe natürlich jedes Recht, undiplomatisch aufzutreten.
Doch unter dieser zähneknirschenden Solidarität, dieser gepressten Höflichkeit liegt etwas anderes, Unfreundlicheres. Etwas, das schwer greifbar ist, ein Schleier an Vorurteilen, ein Bodensatz schlechter Erfahrungen, die Kiew und Berlin miteinander gemacht haben, die man einander nachträgt. Die den Blick auf die Gegenwart prägen. Und die mindestens zum Teil erklären, warum die Beziehungen zwischen der Ukraine und Deutschland gerade derart verkantet sind.
Unter dem existenziellen Druck des Krieges schaut die Ukraine extrem kritisch auf die deutsche Politik. Viele Ukrainer glaubten, sagt etwa André Härtel von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP)in Berlin, einer der besten Kenner der ukrainischen Innenpolitik, Deutschland befinde sich wegen seiner »Abhängigkeit von russischer Energie in einer faktischen Kollaboration mit Moskau: Wir sind nicht in der Lage, uns vom Gas zu entkoppeln, wir liefern nicht systematisch schwere Waffen wie andere, und kommunikativ-symbolisch setzen wir auf Zurückhaltung.« In Kiew sei deshalb die Vermutung weit verbreitet, so Härtel, viele in der deutschen politischen und wirtschaftlichen Elite wollten eine möglichst »schnelle Rückkehr zum business as usual mit Russland«. Es ist eine Vermutung, die auch in Deutschland viele haben.
Diese Einschätzung speist sich aus fast dreißig Jahren Erfahrung mit einer deutschen Politik, die immer die Augenhöhe mit Moskau suchte und dabei fast konsequent über die Ukraine hinwegsah.
Die Publizistin Marina Weisband ist in Kiew geboren, mit sieben Jahren zog sie mit ihren Eltern nach Wuppertal. Vorurteile gegen die Ukraine, sagt Weisband, seien ihr in Deutschland nie begegnet: Das Land sei den Deutschen einfach völlig egal gewesen und unbekannt, kein eigenständiges Subjekt, existent nur in seiner Ableitung von Russland.
Weisbands private Erfahrung deckt sich mit der politischen. Nach der Unabhängigkeit der Ukraine 1991 dauerte es zwei Jahre, bis der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl seine erste Reise nach Kiew unternahm. Gerhard Schröder fuhr zweimal in seiner ersten Amtszeit in die Ukraine, danach nicht mehr – hatte aber stets reichlich Zeit für Russland.
Erst Angela Merkel besuchte das Land regelmäßig, zuletzt 2021 vor der Pandemie. In ihre Regierungszeit aber fielen Entscheidungen, die in der Ukraine bis heute Unverständnis und Zorn auslösen. 2008 blockierte Merkel gemeinsam mit Frankreich alle Pläne für eine Aufnahme der Ukraine in die Nato. Sie ließ die Gespräche mit Putin 2014 auch nach der russischen Annexion der Krim nicht abreißen, vermittelte 2015 in Minsk gemeinsam mit dem heutigen Bundespräsidenten Steinmeier einen fragilen Waffenstillstand für den Donbass, der von der Ukraine als Diktat empfunden wurde, und ließ schließlich den Bau der Ostseepipeline Nord Stream 2 zu, gegen heftige Proteste der Ukrainer, aber auch der Polen, Balten und Amerikaner.
Dass heute an entscheidenden Stellen im Kanzleramt und im Außenministerium immer noch alte Bekannte aus dem Team Steinmeier sitzen, macht die Sache aus ukrainischer Sicht nicht besser. Und auch Scholz hat ja lange die Ausrede nachgebetet, bei der Pipeline Nord Stream 2 handele es sich um ein rein privatwirtschaftliches Projekt. Alyona Getmanchuk, die Direktorin des Zentrums Neues Europa in Kiew, sagt rückblickend, »mit Berlin teilen wir einen Schichtkuchen aus vielen Enttäuschungen«.
Ein Nato-Beitritt der Ukraine sei 2008 völlig undenkbar gewesen, erinnert sich Merkels damaliger Sicherheitsberater und heutige Vorsitzende der Münchner Sicherheitskonferenz, Christoph Heusgen. Die innerukrainischen Machtkämpfe zwischen der Oppositionellen Julija Tymoschenko und dem damals amtierenden Präsidenten Juschtschenko seien ein Haupthindernis für alle weitergehenden Integrationspläne der Ukraine gewesen. Bei den Ukrainern aber ist vor allem eins hängen geblieben: Merkels Nein.
Bis in die Tiefenzonen der politischen Kultur reichen die Differenzen. Die Millionen sowjetischen Opfer des Zweiten Weltkriegs wurden in Deutschland lange Zeit nur Russland zugerechnet. Dass die Ukraine neben Belarus 1941 bis 1945 der zentrale Schauplatz des deutschen Vernichtungskriegs gegen die Sowjetunion war, spielte in der offiziellen Erinnerungskultur kaum eine Rolle. Die Versöhnungsrituale kannten stets nur eine Richtung: Moskau.
Das Schicksal der Ukraine im Zweiten Weltkrieg, sagte der US-amerikanische Historiker Timothy Snyder jüngst in einem Interview mit der ZEIT, sei »der gewaltigste blinde Fleck« in der Vergangenheitspolitik der Bundesrepublik gewesen. Die Ukraine »war das Hauptziel von Hitlers Kolonialkrieg, er wollte sie als Kornkammer und Siedlungsgebiet. Vergangenheitsbewältigung und Ostpolitik ohne die Ukraine zu betreiben hat deshalb niemals Sinn gehabt, vor allem nicht nach 1991. Trotzdem haben die Deutschen jahrzehntelang genau diesen Fehler begangen.«
Umgekehrt blickt man in Berlin nicht erst seit dem russischen Überfall mit einer Mischung aus Unverständnis und Gereiztheit auf den Nachbarn im Osten. Diese Haltung wird aktuell, mitten im Krieg, nicht mehr so deutlich formuliert, schon gar nicht offiziell, aber sie wirkt weiter, untergründiger als vorher, doch immer noch präsent.
Spricht man mit Regierungsvertretern der Ampelkoalition im Hintergrund, in Runden, aus denen nicht zitiert werden darf, in denen deshalb aber auch offener gesprochen wird, ist viel Misstrauen zu hören. Fast regelmäßig wird dann auf die Probleme der Ukraine mit Korruption verwiesen, auf fehlende oder bestenfalls fragile demokratische Strukturen, und immer wieder wird über Irritationen mit der Regierung Selenskyj geklagt.
Manche Regierungsvertreter formulieren die Sorge, in Kiew könne sich eine Regierung »im Tunnel« oder unter dem Druck der Öffentlichkeit im nationalen Überschwang zu irrationalen Handlungen hinreißen lassen – etwa zu einem Einsatz deutscher Waffen für Angriffe auf russisches Territorium. Andere beschreiben den Eindruck, Berlin müsse deutsche Interessen gegen eine Diskurs- und Sympathie-Übermacht verteidigen, die Präsident Wlodomir Selenskyj geschickt für seine Ziele einsetze. Und die seien nicht in allen Fällen unbedenklich.
So stark sind die Vorbehalte, dass die Gesprächskanäle zwischen Kiew und Berlin, jedenfalls nach Darstellung der ukrainischen Botschaft, aktuell »fast eingefroren« sind. Der Kontakt zwischen der ukrainischen Regierung und dem deutschen Kanzleramt könnte und müsste nach Meinung von Botschafter Andrij Melnyk viel intensiver und vertrauensvoller sein. Alle zwei, drei Wochen, so berichtet es Melnyk und so bestätigt es die Bundesregierung, organisiere man ein direktes Telefonat zwischen Kanzler Scholz und Präsident Selenskyj. Gespräche gibt es außerdem zwischen Scholz’ außenpolitischem Chefberater, Jens Plötner, und Selenskyjs Stabschef, Andrij Jermak. Jermaks Pendant im Kanzleramt wäre eigentlich Kanzleramtschef Wolfgang Schmidt. Da Plötner und Jermak sich aber schon seit Jahren kennen, bleibe es bei Gesprächen auf dieser Ebene, wenn denn überhaupt gesprochen werde.
Über das Telefonat zum Beispiel, das Frankreichs Präsident Macron und Bundeskanzler Scholz am vergangenen Samstag mit Wladimir Putin geführt haben, war die Ukraine nach Wissen von Andrij Melnyk vorab nicht informiert. Ein Gespräch danach mit Präsident Selenskyj habe es noch nicht gegeben. Das Kanzleramt konnte das am Montag weder bestätigen noch dementieren. Die ukrainische Botschaft in Berlin wird nach einem solchen Gespräch mit Putin normalerweise zwar vom Kanzleramt unterrichtet; viel mehr als das, was auch in der Presse zu lesen ist, erfahre man allerdings eher selten, so Melnyk.
Besser sind offenbar die Kontakte ins Auswärtige Amt. Mit einer Ausnahme. Andrij Melnyks Verhältnis zu Baerbocks Staatssekretär Andreas Michaelis, einem engen Vertrauten von Frank-Walter Steinmeier, der als Bindeglied zwischen Auswärtigem Amt und Kanzleramt gilt, ist schwierig. Michaelis, so erinnerte sich Melnyk gelegentlich in einem Gespräch, war schon 2016 so genervt von den kritischen Interviews des Botschafters, dass er ihn einmal zum Gespräch geladen hat – damals noch als Politischer Direktor unter Außenminister Frank-Walter Steinmeier. Nach Melnyks Erinnerung waren die Interviews des Botschafters in einer Mappe gesammelt und einzelne Passagen bunt angemarkert worden. Das Auswärtige Amt wollte den Vorgang weder dementieren noch bestätigen.
Auch Präsident Selenskyj hat deutsche Politiker immer wieder irritiert und verärgert. Ein damaliges Mitglied der deutschen Delegation, das sich nur ungenannt äußern will, erinnert sich an ein hochrangig besetztes Treffen mehrerer Regierungschefs, dessen Zustandekommen die Deutschen als großen Erfolg ansahen. Selenskyj sei unter enormem innenpolitischen Druck angereist, das bloße Treffen legten ihm seine politischen Gegner in der Ukraine bereits als Verrat aus. Aber schon in seinem Eingangsstatement habe der ukrainische Präsident alles abgeräumt, worauf sich die diplomatischen Arbeitsstäbe der Teilnehmerländer in mühsamen Vorgesprächen geeinigt hatten. Niemand sei darauf vorbereitet gewesen, die Gipfel-Choreografie zerstört worden; Putin habe das umgehend genutzt, um die Ukrainer als unzuverlässig darzustellen. Eine Einschätzung, die auch in Berlin von nicht wenigen geteilt wird. Aus Sicht mancher deutscher Diplomaten war die Regierung Selenskyj schon immer so etwas wie eine Truppe Punks, die mit ihrem Nonkonformismus das diplomatische Protokoll sprengte.
Nun wird – während im Donbass gekämpft wird, während die Ukraine in die Defensive gerät – in Berlin vor allem die Sorge geäußert, Präsident Selenskyj könne den Krieg nutzen, um seine Macht auszubauen – und sich zu einem autokratisch regierenden Präsidenten entwickeln. Die Verfassung gibt ihm schon in Friedenszeiten eine starke Position, ähnlich wie dem französischen Staatsoberhaupt, sagen Kenner des Landes, und er mache davon Gebrauch. Tatsächlich habe Selenskyj eine Tendenz, von ihm abhängige Institutionen wie etwa das Präsidialamt und den Sicherheitsrat aufzuwerten und damit Gerichte und Parlament zu marginalisieren, sagt Andre Härtel von der SWP. »Ich sehe trotzdem nicht, dass hier schon Tatsachen geschaffen werden, die aus der Ukraine ein anderes System machen. Das Parlament tagt regelmäßig, diskutiert, es gibt dort auch Kritik an der Regierung.«
Vor allem aber brauche Selenskyj im Krieg die Unterstützung der gesamten Gesellschaft. Er müsse alle sozialen Ressourcen mobilisieren, nur dann könne er Erfolg haben. Daraus könne sich nach dem Krieg, so Härtel, »auch ein Fenster der Möglichkeiten für die Zivilgesellschaft öffnen. Als Preis dafür, was man während des Krieges geleistet und erlitten hat, könnten die Menschen Reformen verlangen, zum Beispiel bei der Korruptionsbekämpfung.«
Korruption gebe es in der Ukraine, sagen alle Kenner des Landes, und auch der Einfluss der Oligarchen sei noch erheblich. Aber die Enttäuschung in der Bundesregierung über die ausbleibenden oder zu langsamen Reformen in der Ukraine, sagt die ehemalige grüne Osteuropa-Expertin Marieluise Beck, sei »wie die Enttäuschung des Lehrers über den unzureichenden Schüler, es ist ein patriarchalischer Ansatz gegenüber der Ukraine«. Und die massive Korruption in Russland hat noch nie eine Bundesregierung davon abgehalten, engste Kontakte zu Moskau zu pflegen.
Wie Deutschland und die Ukraine aus der wechselseitigen Bockigkeit herausfinden könnten, ist im Moment nicht leicht zu sagen. Verzettelt sich Deutschland in altem Denken? Müsste es neugieriger sein gegenüber Osteuropa, weniger trotzig, weniger fixiert auf die vergangenen Erfahrungen? Behindern die alten sozialdemokratischen Prägungen einen neuen Blick? Vielleicht ist es aber auch ganz einfach. Vielleicht wäre es eine gute Idee, statt mit Putin und Macron über die Ukraine zu reden, mehr mit der Ukraine zu reden. Vorausgesetzt, Berlin wollte wirklich Einfluss nehmen auf die Entwicklung dort – und nicht bloß noch einen Vorwand suchen, nichts zu tun.
Tina Hildebrandt, Jörg Lau, Anna Sauerbrey, Michael Thumann, Heinrich Wefing
http://www.zeit.de/
Die ganze anbiederung an die ukraine ist unertraeglich .
Was hat dieses land der welt denn seit seiner unseligen unabhaengigkeit anno 91 gebracht…rechtsextreme azovbrigaden und nationalistische politclowns a la zelenski oder klitschko.
Man kann diese gelbblaue flagge und ihre agitatoren nicht mehr sehen.
@Jean – Mittlerweile empfindet man auch die blaue Flagge mit den gelben Sternchen als störend.
Aktuell bemüht sich der Westen, neben dem russischen Bären, heftig um den chinesischen Drachen am Schwanz aus seinem Bau zu ziehen…