Am 28. April erfolgte nun in diesem Prozess ein Urteil des Luxemburger Verwaltungsgerichts2. Auch ohne Jurist zu sein kommt man zu dem Schluss, dass die Affaire wohl auch eine gewisse politische Dimension besitzt.
Was das besagte Bestellformular angeht, schiebt man man sich auf jeden Fall gegenseitig den schwarzen Peter zu. So hatte die damalige Gesundheitsministerin Lenert noch im Oktober 2022 auf die parlamentarischen Frage Nr. 7057 geantwortet, dass überhaupt keine Verträge unmittelbar mit Impfherstellern abgeschlossen worden waren.3
Lëtzebuerg huet keng eegen Kafverträg mat Covid-19 Impfstoffhiersteller ofgeschloss. D’Kafverträg sinn alleguerten iwwer d’europäesch Commissioun négociéiert an ofgeschloss ginn.
Dagegen behauptet Pierre Delsaux im März 2023, zu dieser Zeit noch Direktor der Health Emergency Preparedness and Response Authority (HERA), dass die Europäische Kommission bei den Vaccine Order Forms (VOFs) nicht Vertragspartner war und es somit auch an den Staaten liegt zu entscheiden, ob diese Formulare offengelegt werden.
En particulier, en ce qui concerne les « Vaccine Order Forms (VOFs) », veuillez noter que la Commission n’est pas partie à ces « VOFs », qui sont signées uniquement entre les Etats membres et les compagnies pharmaceutiques. Il en revient donc au pays concerné d’évaluer si les « VOFs » doivent être divulguées ou non, en accord avec les dispositions contractuelles concernant la consultation des compagnies.
Er weist allerdings auch darauf hin, dass die Vertraulichkeit dieser Dokumente auch im Fall einer Offenlegung gewahrt bleiben muss.
Dans le cas où cet échange donnerait lieu à la divulgation des contrats et de documents liés aux contrats, nous souhaitons rappeler que les obligations de confidentialité s’appliqueront au député concerné de la même manière qu’elles s’appliquent aux représentants des États Membres.
Nach einem 30-seitigen Plädoyer kommt das Verwaltungsgericht unter anderem zum Schluss, dass es für diese Klage nicht zuständig ist, den Anspruch auf Einsicht in die Verträge jedoch als gerechtfertigt ansieht. Als fin mot soll der Fall nun an die zuständige Ministerin Deprez weiterdelegiert werden.
Was macht die Vaccine Order Forms so brisant?
Nachdem die Europäische Kommission die Verträge stark geschwärzt bereits im Februar 2021 veröffentlicht hatte, erschien im April ein Leak: der italienische Fernsehsender RAI hatte ein ungeschwärztes Exemplar erhalten, welches übrigens immer noch auf der entsprechenden Webseite zum Download bereit steht.4
Man kann selbstverständlich die Authentizität dieses Leaks anzweifeln. Seit jedoch in Südafrika die Verträge im August 2023 freigeklagt wurden und eine Übereinstimmung mit dem Leak festgestellt wurde, kann dies nun allerdings mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden.5
Eine offizielle Bestätigung steht allerdings bis heute aus, das Europäische Parlament stellte sich sogar (vollkommen unverständlich) mehrheitlich der Veröffentlichung entgegen.

EU-Parlament: keine Veröffentlichung der Verträge der Covid19-Impfstoffe
In der Vaccine Order Form war der 4. Absatz geschwärzt worden: durch die geleakte Version wissen wir nun, was hier verborgen werden sollte.

Die EU-Staaten erkennen somit mit der Unterschrift an, dass der Impfhersteller keinerlei Kenntnis, weder von der Wirksamkeit (“efficacy”) noch von den Langzeitfolgen (“long-term effects”) oder den Nebenwirkungen (“adverse effects”) hat.
The Participating Member State acknowledges that the Vaccine and materials related to the Vaccine, and their components and constituent materials are being rapidly developed due to the emergency circumstances of the COVID-19 pandemic and will continue to be studied after provision of the Vaccine to the Participating Member States under the APA. The Participating Member State further acknowledges that the long-term effects and efficacy of the Vaccine are not currently known and that there may be adverse effects of the Vaccine that are not currently known. Further, to the extent applicable, the Participating Member State acknowledges that the Vaccine shall not be serialized
Der Begriff “Knebelvertrag” kommt einem unwillkürlich in den Sinn, was hier sicher auch zutrifft: bessere Vertragsbedingungen kann ein Pharmaunternehmen eigentlich nicht aushandeln. Die Frage stellt sich natürlich, wieso ein solch nachteiliger Vertrag akzeptiert wurde, und ob es nicht vielleicht eine Alternative gegeben hätte?
Der EMA-Leak
Wenn auch in den Medien erwähnt, erhielt der Cyberangriff auf den Server der European Medicines Agency (EMA) im Dezember 2020 nicht die verdiente Aufmerksamkeit. Erbeutet wurden ca. 40 MB an Verschlusssachen und die dadurch aufgedeckten Informationen waren mehr als explosiv.6 Nicht nur erfuhr man wegen der mangelnden Integrität der RNA von erheblichen Qualitätsmängel bei den Impfstoffen, auch ließen die Dokumente einen tiefen Einblick hinter die Kulissen der Politik zu.
Der Leak enthielt auch Emails, unter anderem die folgende bei der es um den Artikel 5(2) der EU-Direktive 2001/837 sowie um die Conditional Marketing Authorisation (CMA) ging.

Der Artikel 5(2) besagt, dass Mitgliedsstaaten für einen beschränkten Zeitraum ein nicht autorisiertes medizinische Produkt zulassen dürfen. In diesem Fall spricht man von einer Emergency Use Authorisation (EUA).

Die Alternative hierzu stellt die Conditional Marketing Authorisation (CMA) dar. Die genauen Unterschiede der beiden Zulassungswege werden in einem Q&A auf der Webseite der Europäischen Kommission dargelegt.8 Insgesamt wird in diesem Zusammenhang der Eindruck vermittelt, dass eine CMA einer EUA vorzuziehen ist, da bei dieser die Haftung beim Hersteller liegt und die Kriterien in der Regel strenger sind. Auch gibt es Unterschiede welche Instanz die Vorraussetzungen für die Autorisierung festlegt.
Bei der Zulassung per CMA erfolgt dies exklusiv durch die EMA,
In case of a Conditional Marketing Authorisation (CMA) EMA thoroughly assesses all required information to confirm that the benefits outweigh the risks of the medicine.
während im Falle einer EUA der Mitgliedsstaat selbst entscheiden kann, welche Daten für die Zulassung erforderlich sind.
If a Member State grants an Emergency Use Authorisation, it decides itself which data is required for such authorisation, and which requirements it will impose for the vaccine’s use and supervision.
Aus der Email geht hervor, dass den Mitgliedsstaaten (member states, MS) offensichtlich von einer EUA mit allen Mitteln abgeraten werden sollte, um eine schnellere und gleichzeitige Lieferung der Impfstoffe zu ermöglichen. Kommissions-Präsidentin von der Leyen wollte dabei sogar persönlich eingreifen, sollte es unter den Gesundheitsministern Abweichler geben.
She also said that she will be prepared to call relevant health ministers personally to avoid the use of Art 5(2).
Möglicherweise wurde darauf spekuliert, dass wohl kein EU-Land riskieren würde, wegen einer EUA eine Verzögerung der Lieferung in Kauf nehmen zu müssen.
Auf jeden Fall ging die Rechnung auf. Wie wir nun wissen, wurde auf diese Weise die Zulassung von der EMA zentral abgewickelt, während durch das Unterzeichnen der Vaccine Order Form trotzdem die eigentlich bei einer CMA übliche Haftung des Herstellers aufgehoben wurde. Ein guter Schachzug um die Pharmaindustrie von jeglicher Verantwortung zu befreien und gleichzeitig den EU-Staaten das Gefühl zu geben, alles würde in geregelten Bahnen verlaufen.
Schlussendlich musste so nur die EMA politisch ausreichend unter Druck gesetzt werden, was laut besagtem Leak nachweislich auch geschah.9

In einer Email des damaligen stellvertretenden Geschäftsführer der EMA Noël Wathion (s. Screenshot) vom 19. November an unter anderem die Geschäftsführerin (und Ex-Pharmalobbyistin) Emer Cooke, werden die Bedingungen, unter denen die Zulassungen regelrecht durchgepeitscht wurden, ersichtlich.
As a minimum we can say that the TC [Teleconference] was interesting, the atmosphere was rather tense, at times even a bit unpleasant, and provides a hint on what EMA may expect if the expectations are not being met, irrespective if such expectations are realistic or not.
Somit ging es vor Allem darum, die Zulassung in der EU zeitgleich mit den entsprechenden Behörden der USA (Food and Drug Administration, FDA) und Großbritanniens (Medicines & Healthcare products Regulatory Agency, MHRA) zu erteilen, da man ansonsten unvorteilhafte politischen Auswirkungen befürchtete.
The real added value of today’s TC in my view is that we have more clarity now on what may not be easily acceptable for the EC [European Commission], ie a delay of several weeks between an authorisation granted by the FDA/MHRA (under whatever form) and a CMA opinion issued by EMA. The political fall-out seems to be too high, even if the “technical” level at the MSs [Member States] (as it was referred to by the Commissioner) could defend such a delay in order to make the outcome of the scientific review as robust as possible.
Dass unter solchen Umständen eine vernünftige Prüfung der Impfstoffe von vorne herein ausgeschlossen war, dürfte einleuchten. Wir möchten hier nicht auf die Details eingehen, da dies den Umfang des Artikels sprengen würde.

Es sei als ein Beispiel unter vielen nur erwähnt, dass es am 24. November noch 3 Major Objections (MOs) gab, die aller Wahrscheinlichkeit nach nicht einen Monat später gelöst worden waren, als bereits die ersten Impfdosen ausgeliefert wurden. Es ging dabei um:
- Good manufacturing practice (GMP), die minimalen Anforderungen an den Produktionsprozess,
- die mRNA-Integrität sowie
- die Process Performance Qualification (PPQ), welche unter anderem dafür sorgt, dass der Herstellungsprozess durchgängig ein Produkt hervorbringt das die vordefinierten Spezifikationen für alle produzierten Lose (engl.: batches) erfüllt.
The bigger picture
Die mRNA-Impfstoffe hätte keine Pharmafirma auf den Markt gebracht, wenn sie nicht von jeglicher Haftung befreit worden wäre. In der EU wurde dies durch die von der Kommissionspräsidentin von der Leyen ausgehandelten Verträge ermöglicht.
In den USA konnte auf einen bereits existierenden Zulasssungs-Mechanismus zurückgegriffen werden, weshalb hier alles unsichtbar im Hintergrund ablief. Man nutzte den bei einer Public Health Emergency (PHE) zur Verfügung stehenden Public Readiness and Emergency Preparedness Act (PREP Act) um die Impfstoffe als sogenannte “Countermeasures” zu klassifizieren, welche nicht einmal unter medizinische Produkte fallen und somit auch nicht die entsprechenden Kontrollen und klinischen Studien durchlaufen müssen.10 Eigentlich ist diese Art der Zulassung für den Fall eines militärischen Angriffs mit beispielsweise biologischen Waffen vorgesehen. Nicht umsonst schloss in den Staaten das Department of Defense (DoD) die Verträge mit den Impfstoff-Herstellern ab.11 Aber dies ist noch ein viel größeres Thema.
Die Pharma-Insiderin Sasha Latypova bezeichnet daher auch die Verträge der EU als “Synthetic PREP Act”, da hier mangels einer bestehenden europäischen Gesetzgebung der amerikanische PREP Act sozusagen “nachgebaut” wurde: die Impfstoffhersteller wurden von jeglicher Haftung befreit und ein vernünftiges Zulassungsverfahren, welches diesen Namen auch verdient hätte, kam nicht zustande.12
Danksagung
Diana Hoffmann. Piraten-Deputéierten deposéiert Plainte géint Gesondheetsministère. RTL Lëtzebuerg. Veröffentlicht am 23.02.2023. Aufgerufen am 06.05.2025. https://www.rtl.lu/news/national/a/2033506.html
Tribunal administratif du Grand-Duché de Luxembourg 1re chambre. Audience publique du 28 avril 2025. N° 48535 du rôle. ECLI:LU:TADM:2025:48535. Inscrit le 14 février 2023. https://ja.public.lu/45001-50000/48535.pdf
Question Parlementaire n°7057: Achat de vaccin contre la Covid-19. 24.10.2022. https://www.chd.lu/fr/question/24576
Health Justice Initiative: Open the Contracts: Court rules in favour of vaccine transparency.
https://healthjusticeinitiative.org.za/pandemic-transparency/
Tinari S. The EMA covid-19 data leak, and what it tells us about mRNA instability BMJ 2021; 372 :n627 doi:10.1136/bmj.n627
Consolidated text: Directive 2001/83/EC of the European Parliament and of the Council of 6 November 2001 on the Community code relating to medicinal products for human use.
https://eur-lex.europa.eu/legal-content/EN/TXT/?uri=CELEX%3A02001L0083-20250101
Questions and Answers: Conditional Marketing Authorisation of COVID-19 Vaccines in the EU. European Commission. Updated 27 January 2021. Aufgerufen am 06.05.2025.
https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/en/qanda_20_2390
Sasha Latypova. Letters from the Underworld. Due Diligence and Art. Substack.
https://sashalatypova.substack.com/p/letters-from-the-underworld
Sasha Latypova. PREP Act Brief: “License to Kill” must be repealed. Due Diligence and Art. Substack. https://sashalatypova.substack.com/p/prep-act-brief-license-to-kill-must
COVID-19 Contracts – United States of America. Knowledge Ecology International. Aufgerufen am 06.05.2025. https://www.keionline.org/covid-contracts
Sasha Latypova. Synthetic PREP Act for European Union. Due Diligence and Art. Substack. https://sashalatypova.substack.com/p/synthetic-prep-act-for-european-union


