Es wird immer klarer: Die gesamte Gesellschaft befindet sich im Prozess der Digitalisierung. Neben den bekannten Vorteilen, die sicherlich nicht abzustreiten sind, bestehen jedoch durchaus gefährliche Entwicklungen, die man als drohenden Digitalzwang bezeichnen kann, Stichwörter: App-Zwang, Konto/Account-Zwang, Datenabgabezwang – dies alles, um überhaupt den Zugang zu den gewünschten Diensten zu ermöglichen und deren Nutzung verfügbar zu machen. Wer hat sich noch nicht über die evidente Überwachungstechnologien wie Trackers oder Cookies geärgert?
Es besteht demnach die erwähnte Gefahr des Digitalisierungszwangs ohne analoge Alternative. Im Klartext: Ohne Smartphone oder PC wird man aus dem öffentlichen Leben ausgegrenzt, man existiert faktisch nicht. Wie sollen sich ältere Menschen ohne entsprechende Kenntnisse in dieser Welt überhaupt noch zurechtfinden? Die Digitalisierung, positiv gelesen, setzt jedoch voraus, dass wir Bürger das „gute digitale Leben“ nicht mit Überwachung gleichsetzen und immer auch über die Wahlfreiheit verfügen, analog zu bleiben.
Es muss uns erlaubt sein, die Frage zu stellen, in was wir für einer Gesellschaft wir leben wollen. Die Politik spricht so gern von einer „offenen“ Gesellschaft – nur: Offen für wen, in wessen Interesse? Klar ist, dass das Verständnis eben dieser „offenen digitalen Gesellschaft“ wohl nur der Lesart der Machtzentren der Banken und Konzerne zu gehorchen hat und die Politik nur mehr die Aufgabe erledigen muss, diese dem Wahlvolk gegenüber – möglichst unauffällig „geregelt“ – schmackhaft zu machen und durchzusetzen. Ist dies im Rahmen der EU-Wahlen einer liberalen Gesellschaft und deren Verfassungstexten entsprechend überhaupt noch zu tolerieren? Im Respekt einer „offenen Gesellschaft“, in der Freiheit und Gleichheit zu den höchsten Gütern zählen, ist eine ständige Rasterung, permanente Beobachtung, Vermessung und Erfassung des Einzelnen mittels Datensammlungen und (versteckter) Überwachungstechnologien absolut unvereinbar.
Der deutsche Verein „Digitalcourage“ hat zum 75. Geburtstag des Grundgesetzes eine unterstützenswerte Petition gestartet und fordert den Gesetzgeber auf, ein Grundrecht auf ein Leben ohne Digitalzwang im Grundgesetz zu verankern. Es soll möglich bleiben, am öffentlichen Leben teilzunehmen, ohne sich gegenüber den Digitalkonzernen faktisch „nackt“ zu machen. In dem Sinne sollen ältere und andere nicht digital angebundene Menschen nicht diskriminiert werden. Die Petition weist darauf hin, dass wir an immer mehr Stellen genötigt werden, uns einzuloggen, online zu registrieren oder eine App herunterzuladen – und dabei persönliche Daten preiszugeben. Es darf aber nicht sein, dass das Wahrnehmen von Grundrechten, die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und die Nutzung öffentlicher Infrastruktur davon abhängig ist, dass wir Internet haben, ein Smartphone bei uns tragen oder eine bestimmte App installieren.
Alles nur „gut gemeint“ und mit einem müden Lächeln quittiert?
Die tendenz scheint leider nicht abzuwenden.
Auch in der hotel und tourismusbranche faellt auf…willst du einen guten preis musst du alles mit einer laestigen app selbst machen.
Bald gibt es personal nur noch im luxus segment.