“Journalismus ist keine PR “– dieser markante Titel wählte eine Wort-Journalistin für ihren Leitartikel vom 12.06.2025. Das Thema: die Situation des Journalisten der sich bei der Ausübung seines Berufs zunehmendem Druck oder gezielter Einschüchterung ausgesetzt sieht. Vieles, was in diesem Editorial angesprochen wird, ist berechtigt. Doch leider vergisst die Autorin dabei völlig, dass sich in den eigenen Reihen seit Jahren vor allem im Kulturbereich ein regelrechter PR- und Gefälligkeitsjournalismus breitgemacht hat.
So hat sich ein gewisser Marc Thill, Kulturschreiber beim Wort , in der Luxemburger Medienlandschaft als Paradebeispiel für einen Journalismus etabliert, der mit kritischer Distanz wenig zu tun hat. Seine Texte, insbesondere jene über Leute der Kulturpolitik wie Guy Daleiden, Jo Kox oder Enrico Lunghi, verdeutlichen ein journalistisches Selbstverständnis, das weniger der Aufklärung als vielmehr der affirmativen Darstellung dient. Was Thill regelmäßig veröffentlicht, ist kein Journalismus im klassischen Sinne, sondern eine publizistische Strategie der Seilschaften, des Copinage und des kulturellen Schulterschlusses.
Kox – Der „Glücksfall“ ohne Schatten
Ein gutes Beispiel dieser Art ist sein doppelseitiges Porträt über Jo Kox im Wort mit dem Titel „Ein Glücksfall für die Kultur“. Der Text liest sich wie eine bezahlte PR-Publikation – eine Publi-Reportage, die Kox als visionären Strippenzieher, versöhnlichen Brückenbauer und heiligen Integrationsakteur glorifiziert. Kritische Einordnungen? Fehlanzeige. Gegendarstellungen oder alternative Sichtweisen? Nicht vorhanden.

Der Text benutzt eine fast mythisch aufgeladene Rhetorik – Formulierungen wie „Aha-Moment“ oder dass „alles auf ihn zukam“ erzeugen den Eindruck einer schicksalshaften Berufung. Kox erscheint als übermenschliche Lichtgestalt, völlig entkoppelt von politischen Interessenkonflikten, Fehlentscheidungen oder institutioneller Macht. Damit verweigert sich Thill jeder ernsthaften Auseinandersetzung mit den realen Spannungsfeldern der luxemburgischen Kulturpolitik. Fragen nach Checks and Balances, nach der Repräsentativität beratender Gremien, nach Konflikten in der Fördermittelvergabe – all das bleibt unbehandelt.
Lunghi – PR im Prozesskontext

Noch brisanter wirkt Thills Text über Enrico Lunghi und dessen Buch “Wim Delvoye et moi”, veröffentlicht am 7. Mai 2025 – exakt während des Berufungsprozesses Lunghi / RTL. Thill nutzt den Moment, um eine positive, narrative Überhöhung Lunghis zu inszenieren. Der Artikel, der suggeriert, Lunghi sei ein verkanntes Genie und Opfer kultureller Missgunst, wirkt nicht nur wie PR, sondern erscheint angesichts des zeitlichen Kontexts als versuchte Einflussnahme auf die öffentliche Meinung – und womöglich sogar auf die Justiz. Anstelle kritischer Analyse wird ein gefälliges Porträt geliefert – eine Strategie, die in einer Demokratie und für eine freie Presse gefährlich nahe an der Grenze zur Propaganda steht.
Eine journalistische Systemkrankheit

Diese Fälle sind keine Ausrutscher, sondern Teil eines Systems. Marc Thill steht exemplarisch für einen strukturellen Gefälligkeitsjournalismus, in dem Medienhäuser, Kulturförderinstitutionen und politische Akteure personell und finanziell eng miteinander verwoben sind. Auch Wort- Kultur- Schreiberin Nora Schloesser agiert im selben System eines “Champagnerjournalismus” der gegenseitigen Affirmation. Was als Kulturjournalismus etikettiert wird, ist oft lediglich die sprachlich geschönte Außendarstellung institutioneller Interessen – ein Journalismus, der im Schatten des “Copinage” mehr der Gefälligkeit dient als der Wahrheit.
Wenn Kritik zur Bedrohung wird
Thills ( und auch Schloessers) Texte zeichnen sich durch eine auffällige Abwesenheit kritischer Perspektiven aus. Ob bei Daleiden, Kox oder Lunghi – kritische Stimmen aus der Kulturszene, Hinweise auf Fehlentwicklungen, Debatten um Inklusion oder Machtmissbrauch werden systematisch ignoriert. Auch, und vor allem in der Filmkritik verlässt Thill den Boden des Seriösen: Seine Angriffe auf den historischen Film “Operatioun Pauly” basierten auf nachweislich falschen Behauptungen . Solches Verhalten offenbart ein Grundproblem: Wo Journalismus zur Bühne persönlicher Feldzüge oder institutioneller Loyalitäten wird, geht es nicht mehr um die Öffentlichkeit, sondern um Milieu-Pflege. Kritik wird nicht aufgenommen, sondern als Störung eliminiert.
Die moralische Frage: Was darf Journalismus?
Echter Kulturjournalismus hätte die Aufgabe, Machtverhältnisse transparent zu machen, Debatten anzustoßen und auch unbequeme Fragen zu stellen: Welche Netzwerke begünstigen bestimmte Akteure? Wer wird systematisch übersehen oder marginalisiert? Wie unabhängig agieren Förderinstitutionen wirklich? Doch Thill liefert keine Antworten, sondern reproduziert Heldenmythen und betreibt Narrative der Unangreifbarkeit. Ein solcher Journalismus ist nicht nur deontologisch fragwürdig – er ist demokratisch gefährlich. Denn wenn Medien zum Erfüllungsgehilfen der Macht werden, verlieren sie ihre zentrale Funktion als vierte Gewalt im Staat.
Fazit: Gefälligkeit und Copinage ist keine Haltung – sie ist ein Verrat am Beruf
Was bleibt, ist ein journalistisches Bild des Scheins: bequem, berechenbar, unkritisch. Thills Texte sind nicht einfach schlechte Artikel – sie sind das Symptom eines journalistischen Haltungsschwundes, der das Vertrauen der Öffentlichkeit zu Recht erschüttert. Wer Pressefreiheit ernst nimmt, muss Thills Werk nicht nur kritisieren, sondern als das entlarven, was es ist: systematische Gefälligkeit unter dem Deckmantel der Objektivität.
Hei ënnendrënner den Artikel aus dem LW vum 7. Abrëll 2025
An hei en Artikel iwwer den Enrico Lunghi. Hipp,Hipp-Hurrah!

Sie liegen sicher richtig mit dieser analyse.
Allerdings existiert neben dem hier beschriebenen hurra journalismus parallel der buh journalismus der systematisch personen oder gruppen niedermacht…und das in allen domaenen von politik ueber kultur bis zum sport.
Sei es aus persoenlicher ueberzeugung des journalisten oder aus gehorsam gegenueber dem arbeitgeber..
Da ich seit laengerer zeit den eindruck habe dass ausser diesen 2 formen des journalismus nicht mehr viel anderes existiert gebe ich seit langem keinen cent mehr fuer presseprodukte aus und beschraenke mich darauf die gratis artikel zu lesen.
Je vous remercie pour la publicité que vous donnez à mon livre ! Vous devriez le lire, il vous apprendrait plein de choses sur l’art contemporain et vous éviterait à l’avenir, peut-être, d’écrire vos âneries habituelles.
Der Artikel, veröffentlicht am 7. Mai 2025 – exakt während des Berufungsprozesses Lunghi / RTL (.…), erscheint angesichts des zeitlichen Kontexts als versuchte Einflussnahme auf die öffentliche Meinung – und womöglich sogar auf die Justiz.
Tiens, tiens, c’est exactement ce qu’a sous-entendu l’avocate de Mme Schram lorsqu’elle a agité l’article de M. Thill sous le nez des magistrats de la cour d’appel pour conclure son interminable et bien piètre plaidoirie (pour le dire en bon luxembourgeois : daat dooten war wierklech net déck).
Mais si vous savez cela, vous savez aussi comment ces dames expliquent les complaisances de M. Thill, en l’occurrence que « cela fait dix ans que Lunghi et sa clique harcèlent Mme Schram et s’emploient à l’achever ». Et cette clique ce sont la quasi totalité des journalistes (à l’exception de quelques incorruptibles bien sûr), le Conseil de Presse et l’ALIA. Et s’il n’y avait que les médias et leurs instances ! Mais le Collège Médical aussi est à la botte de Lunghi, lequel est également tout puissant au ministère de l’Éducation nationale, tellement qu’il est même parvenu à empêcher Mme Schram de faire carrière dans l’enseignement.
Vous l’aurez compris et vos lecteurs aussi, il ne reste à Lunghi qu’à soumettre à son influence la cour grand-ducale, et il sera le véritable patron du pays tout entier…