„Was uns als eine schwere Prüfung erscheint, erweist sich oft als Segen.“
Oscar Wilde (1854 – 1900), irischer Lyriker, Dramatiker und Bühnenautor
Was sagen kritische Stimmen, die niemand hören will? Egal wie man zu ihnen stehen mag. Stimmen, die stören, weil sie dem Mainstream entgegenwirken, sind bekanntlich generell unerwünscht: „Corona ist das Schweizer Messer für Globalisten, man kann alles damit machen.“ Dazu sagte Robert Kennedy jun. am 29.08.2020 in Berlin: „Regierungen lieben Pandemien. Und sie lieben sie aus den gleichen Gründen wie sie den Krieg lieben – weil es sie in die Lage versetzt, Kontrollmechanismen zu installieren, die wir sonst niemals akzeptieren würden.“ Und dass dem durchaus auch so sein könnte, wenn das so gewollt wäre, das kann niemand einfach so abstreiten – auch im Kontext der aktuellen Pandemie nicht! Trotzdem, geht es hier nicht um alle möglichen Theorien oder bestimmte Narrative, die in Umlauf sind, die bringen uns in der aktuellen Situation eh nicht weiter.
Es soll in diesen Zeilen deshalb nicht darum gehen, die langatmige Debatte um das Corona-Virus, dessen Herkunft oder auch das pro und contra der medienwirksam hochgespielten, faktisch schon zur Pflicht angekündigten Impfungen (eine Verpflichtung, die es natürlich niemals geben darf!) weiter zu vertiefen – das würde ob aller bekannten, heftigen und kontroversen Diskussionen, in der sich Experten, Virologen oder auch zu „Viren-Spezialisten“ mutierte Laien faktisch täglich in ihrer konträren Sichtweise der Lage der Dinge gegenüberstehen, doch nur mehr langweilen. Nein, es geht vielmehr darum, welche Lehren man ziehen wird und welche zukünftigen Chancen man aus dieser Pandemie für unsere Gesellschaft zu ergreifen gedenkt. Und nicht darum, was sowieso – im Sinne des Zitates von Robert Kennedy jr. – alles hinter dem Rücken des unwissenden Wahlvolkes so veranstaltet wurde oder noch werden kann – politische Ehrlichkeit im Sinne der Debatte um das realpolitische „Cui bono“ zu erwarten, wäre doch nur rein illusorisch…Die Erde wird sich weiterdrehen, auch nach diesem schrecklichen Corona-Spuk, das ist schon mal sicher!
Wer wann was wusste oder erreichen wollte, ist im Endeffekt nicht mehr wichtig – die Wahrheit wird man uns eh nie sagen. Auch wenn heuer die WHO Experten nach Wuhan schickt…Also lassen wir das. Aber in der aktuellen Debatte um das Agieren oder Reagieren der Regierungen, der Zukunft der Demokratie und der zukünftigen Gestaltung der Politiken im Gesamtkontext des Neoliberalismus und seiner fatalen Folgen diverser Art (wie eben auch Pandemien!) sind gewisse Positionen umso wichtiger. „Wer grölt, wir hätten eine Diktatur, der hat Diktatur nicht verstanden.“ Und da kann man dem Psychiater, Ökonom und Mitglied des renommierten „Club of Rome“, Professor Stefan Brunnhuber, trotz aller Aufregung nur zustimmen. Der Club of Rome ist übrigens ein Zusammenschluss von Experten verschiedener Disziplinen aus mehr als 30 Ländern und wurde 1968 gegründet. Die gemeinnützige Organisation setzt sich für eine nachhaltige Zukunft der Menschheit ein. Mit dem 1972 veröffentlichten Bericht „Die Grenzen des Wachstums“ erlangte der Club of Rome weltweite Beachtung. Der Mensch reagiere – so die formelle Aussage dessen Vollmitglieds und Senators der Europäischen Akademie der Wissenschaften und Künste – entweder gar nicht, zu spät oder falsch. Wie die Corona-Pandemie entwickelt sich alles exponentiell: Wasserverbrauch, Landversiegelung, CO2- und Methanausstoß, Nitrat- und Schwermetallbelastung, Plastikmüll, ungleiche Wohlstandsentwicklung, prekäre Arbeitsverhältnisse und vieles mehr. Unsere Gesellschaft – und das ist ein unweigerlicher Fakt – erleidet einen Schock nach dem anderen. Und da glaubt man auch noch, alles richtig gemacht zu haben …und dann passiert es doch! Leider hätten wir, so der Experte, (Zitat) „kein Sinnesorgan für exponentielle Entwicklungen.“ Und eben das will der Neoliberalismus überhaupt nicht! Dabei will Brunnhuber den Kapitalismus (ist er tatsächlich alternativlos?) nicht auf den Scheiterhaufen werfen, sondern um ein (Zitat) „angepasstes und verbessertes Betriebssystem“ erweitern. Eine offene Gesellschaft, so der Wissenschaftler als Autor des Buches „Die offene Gesellschaft. Ein Plädoyer für Freiheit und Ordnung im 21. Jahrhundert“, brauche keinen Deckel nach oben und müsste auch große Vermögensunterschiede aushalten. Die Anzahl von Millionären und Milliardären sei ohnehin kein Maßstab für Ungerechtigkeit. (Ach so?) Er verstehe zwar den Reflex der Linken (und hierzulande, wie bekannt, auch gewisser in diese Richtung eher unverdächtiger Politprotagonisten) die Reichen zur Kasse zu bitten, um die Corona – Ausgaben zu refinanzieren, doch das Geld der Reichen würde ja nicht auf irgendeinem Konto liegen, sondern sei in Betriebsvermögen investiert, das Arbeitsplätze und Wohlstand schaffe. Brunnhuber plädiert für eine staatliche Absicherung nach unten für alle – auch für die, die nicht am Arbeitsleben teilnehmen können oder wollen. Doch Konservative hätten immer ein Narrativ im Kopf: „Ein Mensch ist nur etwas wert, wenn er am Arbeitsmarkt etwas tut. Das nennt man leistungsorientierten Narzissmus,“ so der Professor. Er würde ein bedingungsloses Grundeinkommen einführen, über dessen Höhe man streiten könne, eine Krankenversicherung und ein Ticket für den ÖPNV – und damit sei dann jeder in die Freiheit entlassen, könne am sozialen Leben teilhaben und müsse selbst was draus machen. Eine Position die zwar einleuchten könnte, jedoch eine Menge Schwächen beinhaltet, weil sie die Reichen und Mächtigen ziemlich arrangiert – und sie im „noch-reicher-werden“ gar nicht behindert. Recht hat der Mann allerdings mit Sicherheit mit seinem Statement, dass Wissenschaftler immer nur Empfehlungen, sowie revidierbare Zwischenergebnisse liefern können, das richtige Handeln allerdings immer im politischen Diskurs entschieden werden muss. Ferner empfiehlt er, erst mal achtsam innezuhalten und zu überlegen: Was muss sich ändern? Und da ist unsere Demokratie, unsere Gesellschaft, besonders aber unsere „politische Klasse“ gefordert!
In dem Sinne sieht der Wissenschaftler und Buchautor in dieser Pandemie eben auch eine Chance: Binnen weniger Wochen wurden 7,5 Milliarden Menschen – eine komplette Spezies – auf der Verhaltensebene mehr oder weniger synchronisiert. Ja, die gesamte Menschheit – so eine persönliche Einschätzung des Zeilenschreibers in diesem Kontext – in der gleichen katastrophalen Situation zeitlich aufeinander abgestimmt – mit, wie wir alle wissen, zum Teil sehr guten, sehr diskutablen oder völlig unverständlichen Maßnahmen, die zu heftigen Kommentaren, Protesten und umstrittenen Aktionen Anlass gaben – und wohl noch geben werden. Egal wie: So etwas gab es in der Tat noch nie! Ein, so der Wissenschaftler, planetarisches Momentum! Es gibt demnach einen Weg zum Wandel. Zudem haben wir vielleicht neue Fähigkeiten ausgebildet: mit Unsicherheiten umzugehen, allein zu sein und die eigene Lebensweise infrage zu stellen. Wenn das so ist, hätte – positiv betrachtet, ohne allerdings Oscar Wildes Ansicht eines „Segens“ in diesem Zusammenhang zu teilen – die Pandemie doch im Endeffekt ihren Sinn gehabt. Wenn auch zu einem bitteren Preis….
Es heißt demnach: Chancen nutzen!
Es wird Zeit!
Frank Bertemes