Im Zentrum der sogenannten Affäre Lunghi, in der eine RTL-Journalistin 2016 vom Generaldirektor des Mudam während eines Interviews tätlich angegriffen wurde, entfaltet sich seit neun Jahren eine vielschichtige Debatte mit erheblichen Konsequenzen für die Glaubwürdigkeit öffentlicher Institutionen, medizinischer Standesvertretungen und journalistischer Ethik. Doch jetzt, kurz vor dem längst überfälligen Berufungsurteil, tauchten neue Dokumente auf, die in diesem Verfahren weitere Zweifel an der Fairness und Transparenz des bisherigen Vorgehens säen.
Verstoss gegen “secret medical” ?

Konkret geht es um interne Schreiben des Collège médical aus dem Jahr 2016, in denen der Ex-Mudam-Generaldirektor Lunghi vertrauliche Informationen aus der medizinischen Akte der Journalistin Sophie Schram anforderte. Das Collège médical übermittelte daraufhin dem Antragsteller medizinische Daten der Journalistin, die nach geltendem Recht dem Berufsgeheimnis unterliegen. Dass eine ärztliche Standesvertretung einer parteilichen Anfrage nachkommt, ohne die betroffene Gegenseite auch nur zu informieren, ist laut den Anwälten Lydie Lorang und Dan Baulisch ein eklatanter Verstoß gegen ethische und juristische Grundsätze. Das Collège médical hat, laut den Anwälten von den damaligen RTL-Journalisten, mit dieser Aktion seine Rolle als unabhängiger Hüter medizinischer Integrität verletzt. Skandalös sei dabei auch die Tatsache, dass der Journalistin im selben Zeitfenster auf schriftliche Anfrage die Einsicht in ihre eigene Akte vom Collège médical verweigert wurde.
Strafanzeige mit Zivilklage
Anwältin Lydie Lorang stellte – nachdem eine Klage von ihrer Mandantin an die Staatsanwaltschaft abgelehnt wurde – eine Strafanzeige mit Zivilklage beim Untersuchungsgericht gegen die damaligen Verantwortlichen des Collège médical wegen „violation du secret médical“ sowie gegen Enrico Lunghi und seine Ehefrau Catherine Gaeng wegen „recel“.
Violation du secret de l’instruction
In einem anderen Verfahren wurde auch das Ehepaar Lunghi-Gaeng wegen „violation du secret de l’instruction“ (Verletzung des Untersuchungsgeheimnisses) und „recel“ (Hehlerei) angeklagt. Dies bestätigte dem Luxemburger Wort gegenüber letzte Woche der Pressesprecher der Justiz.

Hintergrund ist das von Gaeng veröffentlichte Buch „Donc, nous avons menti au public“, in dem sie detailliert aus Ermittlungsakten zitiert zu einem Zeitpunkt, als das Verfahren noch lief. Eine Menge von Inhalten im Buch stammt seitenweise aus Dokumenten und Vernehmungen der Untersuchungsrichterin, der Police judiciaire und von einer umstrittenen Analyse eines Regierungskommissars, der früher in der Kanzlei des Anwalts von Lunghi gearbeitet hatte. Lunghis Ehefrau Gaeng gab in diesem marktschreierischen, tendenziösen Tageblatt-Artikel vom Kulturschreiber Schinker offen zu, sich des rechtlichen Risikos bewusst zu sein, gegen den „secret de l’instruction“ zu verstoßen. Ihre Begründung: Die Öffentlichkeit habe ein Recht darauf zu erfahren, was wirklich geschehen sei.
„D’un côté, il y a l’article du code de procédure pénale, qui vise le respect du secret de l’instruction, de l’autre côté il y a le paragraphe un de l’article dix de la convention européenne des droits de l’homme… La balance a penché en faveur du droit à l’information. Parce que le public a le droit de savoir.”(Tageblatt, 02.06.2021, Schinker – „Gaeng, Gaeng, she shot them down“; Kopie am Ende des Artikels zu finden)
Gaeng instrumentalisierte geschützte Justizunterlagen in einem persönlichen Feldzug, der ohne Gegencheck von einigen Presseleuten (Bekannte von Lunghi) wohlwollend und kritiklos – ohne Gegenstimmen – übernommen wurde, mit dem Versuch, Einfluss auf die öffentliche Meinung und die Justiz auszuüben.
Instrumentalisierte Institutionen?

Der Fall Lunghi ist längst kein Einzelfall mehr. Er offenbart ein strukturelles Versagen, das weit über eine persönliche Fehde hinausgeht. Es geht um die Frage, wie weit Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens gehen dürfen, um fragwürdige Verhaltensweisen zu schützen und wie leicht sich dabei Institutionen instrumentalisieren lassen, die eigentlich zum Schutz der Bürger da sein müssten. Wenn medizinische Schweigepflichten und juristische Schutzmechanismen dem Zweck geopfert werden, die eigene Sichtweise zu legitimieren, dann wird aus einer Kulturfehde ein Angriff auf rechtsstaatliche Grundprinzipien.
Fazit
Am 29. Oktober soll das Berufungsgericht sein Urteil in der ursprünglichen Causa Lunghi/RTL verkünden. Doch unabhängig vom Ausgang steht fest: Die Glaubwürdigkeit der handelnden Institutionen – von der Ärztekammer über die ALIA und einem umstrittenen Regierungskommissar bis hin zu einigen Medien – ist massiv beschädigt.

In weiser Voraussicht, was in Zukunft in der Causa Lunghi noch kommen kann, bemerkte einer der Anwälte ganz trocken: „Bis jetzt saßen neun Jahre lang unsere Mandanten auf der Anklagebank und das Lunghi-Paar mit Fanclub genüsslich, zynisch lächelnd auf der gemütlichen Zuschauerbank… dieses Bild dürfte sich alsbald spiegelverdreht ins Gegenteil wenden!“
Untenstehend der Artikel im Tageblatt
Dites monsieur Kaiser, vous êtes quand même conscient que chacun (enfin, les trois pelés et un tondu qui se perdent sur votre site), se rend compte que vous êtes parti en croisade pour vos petits copains de RTL, téléguidé par leurs avocats ?
Cela dit, tant mieux si Lydie Lorang parvient à vous consoler de la disparition de Gaston Vogel, ça vous fait du bien sans nous faire de mal.
Mais pour l’amour du ciel, arrêtez de faire appel à ChatGPT, vous n’avez manifestement pas le talent ni l’imagination nécessaires pour que le résultat soit créatif ou, à tout le moins, beau. Si vous avez absolument besoin d’images pour illustrer vos articles, écrivez-moi, je vous enverrai des photos.