Luxemburg ist bekanntlich ein teures Pflaster, Parteien jeglicher Couleur versprechen seit Jahrzehnten Abhilfe, mussten aber stets ihre gutgemeinte Rezepte unverrichteter Dinge wieder in die unterste Schublade legen. Sogar der frühere Staatsminister Jean-Claude Juncker ging damit baden. Er erklärte den Wohnungsmarkt zur Chefsache, posaunte in seiner Rede über die Lage der Nation, der Staat werde tausende Grundstücke für den Markt frei geben und dabei blieb es. Seine Idee liess sich nicht umsetzen. Es war jedoch normal, dass dieser Juncker’sche Spruch damals bei den Leuten hängen blieb und also ist es normal, dass die Wählerschaft sich heute über die CSV ärgert, wenn ausgerechnet sie unter anderem mit dieser Thematik in den Kommunalwahlkampf startete. Und alle Parteien werden die Immobilien auch für die Parlamentswahlen wieder ausgraben! Sind sie damit gut beraten? Wer (zu)viel verspricht, muss auch inhaltlich liefern, und die Erwartungen sind bekanntlich enorm gross.
Im vierten Semester letzten Jahres waren die Wohnungspreise wieder einmal kräftig gestiegen, um 7,7 Prozent. Der Quadratmeterpreis für bestehende Etagenwohnungen lag im Durchschnitt bei 4795€ und für neuere Appartements bei über 6000€; will man sich ein Häuschen leisten, muss man im Schnitt 623.000€ auf den Tisch blättern. Die Preise haben also auch unter Gambia angezogen, aber es war ja kaum mit dem Gegenteil zu rechnen: die Dreierkoalition musste sich zuerst auf die Beine stellen, unter Ministerin Maggy Nagel geschah so gut wie gar nichts, und ihr Nachfolger Marc Hansen konnte in den letzten beiden Jahren das Steuer nicht komplett herumreissen.
Das Grossherzogtum hat nun einmal eine Hauptstadt mit vielen europäischen Institutionen und noch immer mit sehr vielen Banken und anderen Finanzgesellschaften. Unser Wohlergehen fusst zu einem guten Viertel auf dem Finanzsektor, seine Angestellte leben oft in Luxemburg und sorgen daher für Wohnungsnot; dass uns das nicht in den Kram passt, ist zwar verständlich, zeugt aber auch von einer ungesunden Portion Egoismus. Wir wollen nur das Bare auf die Kralle! Wenn mit dem Brexit weitere 3000 Banker sich in Luxemburg niederlassen, wird die Wohnungsnot nicht kleiner werden. Und schliesslich möchten wir nicht auf unsere 5/6tel Pensioun verzichten; wir sind also – auch wenn wir uns ein bisschen hypokritisch dagegen wehren- auf weiteren wirtschaftlichen Zuwachs angewiesen, was nichts anderes bedeutet, dass zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen werden müssen und dementsprechender Wohnungsraum.
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er hat Angst vor einem Preisverfall?
In der Politik tut man so, als wäre es durchaus möglich, dass die Preise durch ein viel grösseres Angebot purzeln könnten, sagen wir, um 10 Prozent; anstatt also den Durchschnittspreis von 620.000 € für ein Haus zu bezahlen, käme man mit 558.000 € aus. Abgesehen davon, dass dieser Abwärtsdrift nie eintreten wird, es sei denn als direkte Konsequenz einer weiteren und sehr heftigen Wirtschaftskrise oder Immobilienblase, gebe ich zu bedenken, dass grosse Teile unserer Bevölkerung sich über diese Baisse ärgern werden. Denn angenommen, Familie Schmit-Meyer hat sich soeben ein Eigenheim für eine halbe Million geleistet; mit einer zehnprozentigen Senkung des Preises hätte diese Familie mit einem Schlag fünfzig Mille verloren; sie müsste aber weiter ein Darlehen von einer halben Million abstottern. So gesehen, erreicht man als Politiker nie den Nerv der Zeit! Ich kenne die Hauptstädter gut genug, um behaupten zu können, dass sie andere Bedenken haben: hoffentlich nicht noch mehr Häuser, hoffentlich nicht noch mehr in die Höhe gebaut! Nicht noch mehr Chaos im Berufsverkehr, denn die Tram allein wird es auch nicht richten, und dann und wann ein Fahrrad…. Schliesslich besteht das Vermögen der oberen 20 Prozent der nationalen Besitzbürger laut einer Studie der Zentralbank aus Immobilien und Landbesitz, und mit den aktuell niedrigen Zinsen auf Sparkonten wird diese Tendenz weiter anhalten.
Da die Wohnungsnot nun aber Realität ist, und die CSV nicht ewig ihre Wunden aus der Vergangenheit lecken kann, sind die Konservativen gezwungen, das Thema politisch aufzugreifen. Nur sollten sie dabei weniger nach dem freien Markt schielen, denn der wird von Angebot und Nachfrage bestimmt, sondern umso mehr die Akzentsetzung auf Sozialwohnungen legen; diese Empfehlung gilt übrigens für alle Parteien, denn es gibt nicht nur immer mehr Menschen, die sich eine eigene Wohnung nicht leisten können, es gibt auch immer mehr, die grosse Schwierigkeiten haben, den nötigen deus meus für die Miete zusammen zu bekommen. Die Durchschnittsmiete für ein Appartement liegt bei 977€, warm, im Kanton Luxemburg schon bei 1145€. Viele müssen da passen, und auch jene, die es sich mit Ach und Krach leisten können, haben Schwierigkeiten, etwas auf die hohe Kante zu legen für eine spätere Eigenwohnung. Man wohnt sich arm!
Die Parteien aller Ränder wären gut beraten, den Sektor der Sozialwohnungen massivst zu unterstützen. Der Sozialstaat ist gut, kann aber nicht alles allein stemmen. Vor Wochen veröffentlichte die Luxemburger Zentralbank eine Studie zur Schuldenlast.
« Haushalte, die in ernsthafte Schwierigkeiten geraten könnten und die dadurch ein Ausfallrisiko für Kreditgeber darstellen, machten 2010 lediglich 1,4 Prozent aller verschuldeten Haushalte aus. 2014 lag dieser Wert dagegen bereits bei 2,2 Prozent! » (LW vom 07.09 2017). Dass die Schuldenlast binnen 4 Jahre um 27 Prozent gestiegen ist auf 178400 Euro im Durchschnitt, ist nicht weiter verwunderlich, da die Wohnungspreise in diesem Zeitraum ja auch in die Höhe geschossen sind. Das grösste Problem ist und bleibt, dass nicht genug Grundstücke zur Verfügung stehen. Und welche Partei kann da schon Remedur versprechen, es sei den, man greift auf die Expropriation zurück? Will man das wirklich? Es wäre zumindest ein wahrer Paradigmenwechsel….
(Verfasst Ende 2017)