„Wer den Geist der Gierigkeit hat, er lebt nur in Sorgen.“ Reineke Fuchs
Mensch und Staat, meint immer Mensch und Gemeinwesen. Weil der Mensch allein eben nicht sein kann – auch wenn unsere digitale, immer individualistischer werdende, moderne Welt scheinbar das Gegenteil erreichen will – was im Endeffekt scheitern wird. Reiztopics: Privatisierung (schlanker Staat – Rentenreform?), neoliberale EU-Politik mit entsprechend orientierten Gesetzen (zwingende Umsetzung von EU-Direktiven in die Gesetzgebung der Nationalstaaten), digitale Überwachung mit einem „Datenschutz“, der zu einer reinen Farce degradiert wird usw. Oder, ganz einfach gefragt: Riskieren wir das Ende der Demokratie?
Pure Fabel? Böswillige Unterstellungen? Bemühen wir in diesem Kontext Goethes schlauen „Reineke“, oder auch die bedeutendste politische Satire der Luxemburger Literatur, meint natürlich Méchel Rodange’s „Renert“, ein Meisterwerk einer Politposse, das seinen Zeitgenossen so unbequem war, dass man es hierzulande Jahrzehnte lang verschweigen konnte. Der Fuchs gilt als raffiniert, verkörpert „vermenschlicht“ die Person mit klarem Verstand, scharfer Auffassungsgabe und einem ausgeprägten spitzbübischen Wesen. Reineke Fuchs wird da bekanntlich zum Sympathieträger, wo er in einer amoralischen Welt der Tiere der Geschickteste ist, bestens um die Gesetze des Überlebens wissend.
Ach ja: so wie gewisse Politprotagonisten, die uns heute bekannt sind? Egal wie: Goethes Reineke galt als Lehrstück für die politische Klasse, mit beißendem Spott auf unfähige oder der Realität völlig entrückte „Herrschende“. Stellt sich natürlich die Frage, wer denn nun hier den Fuchs – oder (besser) die Füchsin – mit klarem Verstand und scharfer Auffassungsgabe, kombiniert mit einem raffinierten, spitzbübischen Wesen in der heutigen Politwelt verkörpert – oder sich in absoluter Selbstüberschätzung (fälschlicherweise) als einen solchen hält respektive sich entsprechend dieser bizarren Vorstellung zu inszenieren meint? Das soll an dieser Stelle eine provokative Einladung zum Rätselraten sein…
Die belehrende Fabel mit zeitübergreifender Gültigkeit für den Staat allgemein gesehen und für die politisch Verantwortlichen im Besonderen ist heuer jedenfalls mehr als aktuell. Wenn man die diversen Politkapriolen, ja die Farce, die Posse, die dem Publikum, sprich dem Wahlvolk, sowohl national – siehe bspw. das „Piraten“-Spektakel hierzuländchen oder die rezenten immer noch aktuellen EU- Skandale, die uns ungefragt vorgeführt werden, so betrachtet, muss man sich nicht wundern, dass gewisse Kräfte, von denen niemand mehr etwas hören wollte, nur noch mehr elektoralen Aufwind bekommen und die Politklassiker unter den „staatstragenden“ Parteien sich entsprechend zunehmend selbst disqualifizieren . Ach ja: „Der Fuchs kennt viele Wege, aber er bleibt auf dem schmalen Pfad.“ Sofern er es gut meint….
Goethes Reineke Fuchs ist Anfang 1793 entstanden – dem Jahr, das als das Jahr der Revolution schlechthin bezeichnet wurde, dem Beginn der Schreckensherrschaft der Jakobiner in Frankreich…
Was könnte das für unser modernes Gemeinwesen vielleicht bedeuten? Droht das Gemeinwesen unterzugehen oder zu zerfallen? Positiv betrachtet wehrt sich Reineke gegen die Scheinheiligkeit, die Verlogenheit und die Falschheit des Systems.
Ach, erkennen wir hier nicht das scheinheilige, verlogene, geheuchelte Konstrukt einer EU, das uns unter anderem eine neue Friedensordnung mit einer verlässlichen Rechtsordnung versprechen sollte? Mit einer (korrupten) Politkaste, die ob einer angeklagten Kommissionspräsidentin nur noch weiteres Misstrauen beflügelt und das Vertrauen in die (nicht nur) europäische Politik immer mehr zur Farce degradiert.
Die belehrende Fabel, die auch das Thema herrschaftliche Macht bearbeitet, ist jedenfalls hochaktuell.