die Welt ist viel zu gefährlich um darin zu leben – nicht wegen der Menschen, die Böses tun, sondern wegen der Menschen, die daneben stehen und sie gewähren lassen.
Albert Einstein
Zusammenleben, zusammen leben, die Kunst zusammen zu leben – mit Sicherheit ein kompliziertes Terrain menschlicher Existenz. Das Zusammenleben ist die Art und Weise, in der Lebewesen miteinander existieren, sofern sie in Beziehung zu einander stehen. Es ist Gegenstand der Soziologie. Zu den üblichsten Formen des menschlichen Zusammenlebens zählt die feste Verbindung in Lebensgemeinschaften, wie Ehen oder Partnerschaften. Zusammenleben – ein Begriff, der heuer eine unerwartete Aktualität genießen dürfte. Die Normalität wurde auf einmal übernormal, das Zusammenleben erlebte eine neue Form der Intensität, mit allerdings steigendem Konfliktpotential.
Im aktuellen „Virus“– Kontext haben wir die tiefe Bedeutung dieses Begriffes durch die neue Erfahrung des Lockdowns in real erleben müssen. Der allgemeine Alltagstrott wurde aufgrund eines Virus‘, der urplötzlich und unter verdächtigen Umständen seinen fatalen Auftritt mit entsprechenden Folgen auch in Europa „feiern“ durfte, empfindlich gestört – mit nachhaltiger Wirkung. Begriffe wie (eben) Lockdown oder auch Shutdown wurden zum lästigen Vokabular eines neuen Alltags des Zusammenlebens, mit dem wahrlich niemand von uns je gerechnet hat. Die chinesischen Maskenträger*innen konnten wir nur auf den diversen Bildschirmen bedauern. Nun laufen wir allerdings selbst alle, qua Gesetz dekretiert, maskiert herum, ein Horrorszenario, das uns leider noch eine Zeit lang begleiten dürfte. So kam es zu einer Massenquarantäne, einer temporären, staatlich verordneten Quarantäne mit Einschränkungen des öffentlichen Lebens, um die bekannte Pandemie einzudämmen. Zustände, die mit erheblichen sozialen, wirtschaftlichen, psychologischen und gesundheitlichen Folgen verbunden sind und die offensichtlich die ultima ratio bilden, wenn Gesundheitsbehörden bei Infektionsgefahr nicht mehr weiterwissen. Das alles betrifft uns alle und so mancher kommt sich wie im falschen Film vor, wenn sie oder er die zum Alltagsutensil gewordene Maske, die aufgrund entsprechend drastischer Verordnung Mund und Nase zu bedecken hat – wie man uns alltäglich unter Strafandrohung belehrt – überstülpen muss – eine mehr als lästige Alltagsübung, die ganz einfach nur nervt!
Der vorher erwähnte Begriff der räumlichen Distanzierung droht darüber hinaus permanentes Programm zu werden: social distancing, die soziale Distanz. Diese qua Gesetz als gesundheitliche Schutzverordnung dekretierte soziale Distanz untereinander, die inhaltlich weitergesponnen, weit über die empfohlenen 2 Meter hinaus zu gehen droht, birgt nämlich durchaus das Risiko der weiter zunehmenden sozialen Distanzierung zwischen den Menschen, die unser Zusammenleben auch nach Corona nachhaltig negativ zu beeinflussen droht. Eine soziale Distanz, eine soziale Kälte, die wieder einmal in genau die Richtung zu entarten droht, die der Zeilenschreiber wiederholt zu thematisieren sich erlaubt: die „modern times“ des Homo digitalis in einer Gesellschaft, die zunehmend kälter zu werden riskiert – und die wen bestens arrangiert? Wie immer die Frage des Cui bono aufwerfend: Wem zum Vorteil? Die Antwort liegt wohl auf der Hand – die Machteliten aus Politik und Kapital werden davon profitieren! Ein modernes Instrument des Divide et impera? Eine zunehmend verunsicherte, verängstigte Gesellschaft, die immer leichter zu beherrschen, weil besser zu kontrollieren sein wird?
Szenenwechsel im Thema „Zusammenleben“. Der Schweizer Remo Largo hat viele Bücher darüber geschrieben, wie wir „gute Menschen“ werden können und hat dies in seinem neuesten Buch mit eben dem Titel „Zusammen leben“ im Rahmen seiner Bekanntheit als besonnener Ratgeber thematisiert. Er kam zur Schlussfolgerung, dass (Zitat) „vielen das Heimatgefühl fehlt“. Ferner reihen sich in seinem Buch des „Zusammen lebens“ (getrennt geschrieben, jedoch zusammenhängend gemeint) alarmistische Begriffe wie „Katastrophe“, „albtraumartig“ und „Apokalypse“ aneinander, eine Schwarzmalerei, die der Autor jedoch in einem Kontext der dringend erforderlichen Änderungen sieht. Die Gesellschaft stehe vor einem Wendepunkt, ausgelöst von einer ausufernden Wirtschaft, rechtem Populismus, Umweltzerstörung und Klimawandel. Alles Termini, die unserer politischen EU – Kaste jedoch eher lästig sind, diese jedoch immer wieder zu inhaltlich gegenteilig wohlklingenden Sonntagsreden zwecks Schönreden oder Verharmlosen des Ernstes der Lage „motivieren“ – wohl um ihre Tatenlosigkeit, gar ihr Versagen mit markanten, jedoch nichtssagendeSprüchen zu übertünchen.
Die vergangenen Monate haben die evidenten Schattenseiten unseres Lebensstils deutlich aufgezeigt. Stichworte: Angst, gar Panik, Vereinsamung, Armut, Isolation usw. Der Mensch ist und bleibt jedoch ein soziales Wesen, das Gemeinschaft sucht und spätestens dann nach Solidarität schreit, wenn es ihm oder ihr schlecht geht. Wie sehr wir nach den genannten Grundgefühlen real existierender menschlicher Gesellschaft hungern, zeigt sich heuer bestens in der bekannten Pandemie, die uns alle zunehmend belastet.
Wir sollten demnach jetzt die Chance zum Umdenken nutzen!
Doch gelingt uns das?
Frank Bertemes
(Der ganze Text erscheint im kulturissimo des Monats Oktober)